Maschendrahtzaun: Abzug Neu für Alt nicht bei "nur" teilweiser Beschädigung
AG Trier v. 7.6.2024 - 7 C 177/22
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Miteigentümer eines Hausanwesens. Im Laufe des Jahres 2021 hatte der Beklagte unter Zuhilfenahme einer seiner Söhne das an das Grundstück der Kläger angrenzende Wiesengrundstück zur Grasernte im Frühjahr, sowie im Spätjahr bearbeitet. Er hatte dabei u.a. ein von einem Traktor gezogenes Heckmähwerk Kuhn PZ 300 und einen Großschwader Niemeyer RS 640S eingesetzt. Die Kläger waren der Meinung, dass ihr die beiden Grundstücke abgrenzender Maschendrahtzaun, der weniger als 0,5 m Abstand zur Grundstücksgrenze hält, durch die Arbeiten des Beklagten beschädigt worden waren und sprachen diesen darauf an. Der Beklagte wies eine Verantwortung von sich.
Daraufhin beauftragten die Kläger einen Sachverständigen mit einer Begutachtung der Schadensursächlichkeit an der Zaunanlage. Hierfür zahlten sie 394,37 €. Ebenso beauftragten sie einen Diplom Ingenieur für Landespflege, der die Höhe der Wiederherstellungskosten ermitteln sollte. Er kam zum Ergebnis, dass hierfür 1.405 € netto anfielen. Der Sachverständige stellte für sein Gutachten 545,24 € in Rechnung, welche die Kläger zahlten. Der Zaun ist bislang nicht repariert.
Die Kläger trugen vor, der Beklagte oder aber sein Sohn habe den Zaun bei Grasarbeiten im Jahr 2021 mit den Landmaschinen auf einen vier Pfosten umfassenden Abschnitt beschädigt, da sie zu dicht mit diesen an die Grundstücksgrenze herangefahren seien. Den genauen Zeitpunkt wüssten sie nicht, da der Schaden erst im Nachhinein aufgefallen sei. Die vom privat beauftragten Sachverständigen festgesetzten 1.405 € würden den tatsächlich erforderlichen Herstellungsaufwand zur Reparatur der beschädigten Zaunsegmente darstellen. Sie verlangten vom Beklagten als Gesamtgläubiger einen Betrag i.H.v. 2.369,61 € plus vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten von 420,07 €.
Das LG gab der Klage weitestgehend statt.
Die Gründe:
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 2.369,61 € aus § 823 Abs. 1 bzw. § 831 Abs. 1 BGB. Allerdings war bei den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten lediglich eine Gebühr von 1,3, mithin 367,23 €, zu ersetzen.
Für das Gericht stand fest, dass der Zaun vor den Grasarbeiten des Beklagten im Jahr 2021 nicht die streitgegenständlichen Beschädigungen aufwies. Dass die Beschädigungen durch die Landmaschinen des Beklagten zu irgendeinem Zeitpunkt im Jahr 2021 verursacht worden waren, stand durch das Gutachten fest. Der Sachverständige konnte widerspruchsfrei und schlüssig darlegen, dass die Farbanhaftungen an einem der Pfosten kompatibel zu dem Lack des Großschwaders waren. Auch die Höhe der Eindellung an dem Pfosten sei mit einem Anstoß des Schwaders zu korrelieren. Ähnliches galt für einen Schaden durch das Heckmähwerk.
Unerheblich war, ob die Beschädigung durch eine unmittelbare Handlung des Beklagten selbst erfolgt war oder durch seinen Sohn. Wäre eines der Fahrzeuge durch den Sohn des Beklagten geführt worden, haftete der Beklagte auch für von diesem verursachte Schäden nach § 831 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist derjenige der einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt.
Das Gericht hat den Schadensbetrag gem. § 287 ZPO geschätzt. Als Schätzgrundlage wurde sowohl das außergerichtlich eingeholte Gutachten des Ingenieurs als auch insbesondere die Ausführungen des Sachverständigen zu Grunde gelegt. Dabei war zu beachten, dass ein Abzug Neu für Alt jedenfalls dann bei der Beschädigung eines Maschendrahtzauns nicht zu berücksichtigen ist, wenn nur Teile eines einheitlichen Zaunes erneuert werden. Hält ein Zaun die landesnachbarrechtlichen Abstandsgrenzen nicht ein und wird dieser vom Nachbar bei Mäharbeiten beschädigt, liegt ein Mitverschulden des Zauneigentümers jedenfalls dann nicht vor, wenn Einwände des Nachbarn gegen die Abstandsgrenzen nach den landesnachbarrechtlichen Vorschriften präkludiert sind.
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Landesrecht Rheinland-Pfalz
Die Kläger sind Miteigentümer eines Hausanwesens. Im Laufe des Jahres 2021 hatte der Beklagte unter Zuhilfenahme einer seiner Söhne das an das Grundstück der Kläger angrenzende Wiesengrundstück zur Grasernte im Frühjahr, sowie im Spätjahr bearbeitet. Er hatte dabei u.a. ein von einem Traktor gezogenes Heckmähwerk Kuhn PZ 300 und einen Großschwader Niemeyer RS 640S eingesetzt. Die Kläger waren der Meinung, dass ihr die beiden Grundstücke abgrenzender Maschendrahtzaun, der weniger als 0,5 m Abstand zur Grundstücksgrenze hält, durch die Arbeiten des Beklagten beschädigt worden waren und sprachen diesen darauf an. Der Beklagte wies eine Verantwortung von sich.
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Die Kläger trugen vor, der Beklagte oder aber sein Sohn habe den Zaun bei Grasarbeiten im Jahr 2021 mit den Landmaschinen auf einen vier Pfosten umfassenden Abschnitt beschädigt, da sie zu dicht mit diesen an die Grundstücksgrenze herangefahren seien. Den genauen Zeitpunkt wüssten sie nicht, da der Schaden erst im Nachhinein aufgefallen sei. Die vom privat beauftragten Sachverständigen festgesetzten 1.405 € würden den tatsächlich erforderlichen Herstellungsaufwand zur Reparatur der beschädigten Zaunsegmente darstellen. Sie verlangten vom Beklagten als Gesamtgläubiger einen Betrag i.H.v. 2.369,61 € plus vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten von 420,07 €.
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Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 2.369,61 € aus § 823 Abs. 1 bzw. § 831 Abs. 1 BGB. Allerdings war bei den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten lediglich eine Gebühr von 1,3, mithin 367,23 €, zu ersetzen.
Für das Gericht stand fest, dass der Zaun vor den Grasarbeiten des Beklagten im Jahr 2021 nicht die streitgegenständlichen Beschädigungen aufwies. Dass die Beschädigungen durch die Landmaschinen des Beklagten zu irgendeinem Zeitpunkt im Jahr 2021 verursacht worden waren, stand durch das Gutachten fest. Der Sachverständige konnte widerspruchsfrei und schlüssig darlegen, dass die Farbanhaftungen an einem der Pfosten kompatibel zu dem Lack des Großschwaders waren. Auch die Höhe der Eindellung an dem Pfosten sei mit einem Anstoß des Schwaders zu korrelieren. Ähnliches galt für einen Schaden durch das Heckmähwerk.
Unerheblich war, ob die Beschädigung durch eine unmittelbare Handlung des Beklagten selbst erfolgt war oder durch seinen Sohn. Wäre eines der Fahrzeuge durch den Sohn des Beklagten geführt worden, haftete der Beklagte auch für von diesem verursachte Schäden nach § 831 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist derjenige der einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt.
Das Gericht hat den Schadensbetrag gem. § 287 ZPO geschätzt. Als Schätzgrundlage wurde sowohl das außergerichtlich eingeholte Gutachten des Ingenieurs als auch insbesondere die Ausführungen des Sachverständigen zu Grunde gelegt. Dabei war zu beachten, dass ein Abzug Neu für Alt jedenfalls dann bei der Beschädigung eines Maschendrahtzauns nicht zu berücksichtigen ist, wenn nur Teile eines einheitlichen Zaunes erneuert werden. Hält ein Zaun die landesnachbarrechtlichen Abstandsgrenzen nicht ein und wird dieser vom Nachbar bei Mäharbeiten beschädigt, liegt ein Mitverschulden des Zauneigentümers jedenfalls dann nicht vor, wenn Einwände des Nachbarn gegen die Abstandsgrenzen nach den landesnachbarrechtlichen Vorschriften präkludiert sind.
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