Mietspiegel: Doppelhaushälfte kann Einfamilienhaus sein
AG Hanau v. 7.7.2023 - 34 C 126/22
Der Sachverhalt:
Zwischen dem Kläger als Vermieter und den Beklagten als Mietern besteht seit 2015 ein Mietverhältnis über eine Doppelhaushälfte. Die monatliche Nettokaltmiete blieb seit Mietbeginn unverändert. Das Mietobjekt wurde 2011 errichtet und verfügt über eine umbaute Wohnfläche von 110,68 qm, eine Terrasse von 20 qm sowie über ein zweites Bad bzw. WC.
Im September 2022 begehrte der Kläger unter Bezugnahme auf den Mietspiegel die Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete auf 1.137,60 €. Der Beklagte verweigerte die Zustimmung zur Mieterhöhung. Er war der Ansicht, dass der Zuschlag von 25 % nach dem Mietspiegel ein freistehendes Einfamilienhaus voraussetze und bei einer Doppelhaushälfte keine Anwendung finde.
Das AG gab der Klage teilweise statt.
Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Zustimmung zur teilweisen Mieterhöhung nach § 558 Abs. 1 BGB.
Unter Berücksichtigung des Baujahres 2011 der Mietsache und der Wohnfläche von mehr als 105 qm ergab sich nach dem Mietspiegel eine Grundmiete von 7,37 €/qm. Hinzu kam ein Zuschlag von 25 % für Einfamilienhäuser. Entgegen der Auffassung der Beklagten war nämlich die hier streitgegenständliche Doppelhaushälfte als Einfamilienhaus i.S.d. Mietspiegels zu bewerten. Die von den Beklagten geforderte Eigenschaft als freistehendes Einfamilienhaus ergab sich aus dem Mietspiegel nicht, so dass neben diesen auch Reihenhäuser und Doppelhaushälften erfasst sind. Legte man die Auffassung der Beklagten zugrunde, wären nicht freistehende Einfamilienhäuser nämlich gar nicht erfasst, was mit dem Zweck des Mietspiegels nicht vereinbar ist.
Im Übrigen verfügt eine Doppelhaushälfte gegenüber einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus über Vorzüge, die einen Zuschlag von 25 % rechtfertigen. So muss der Mieter eine Doppelhaushälfte keine anderen Mieter etwa im Treppenhaus dulden. Darüber hinaus geht mit der Anmietung einer Doppelhaushälfte üblicherweise auch die Nutzung des Grundstücks (Garten) einher, was sich ebenfalls in einem höheren Gebrauchswert niederschlägt. Das Argument, der Mieter eines freistehenden Einfamilienhauses genieße im Hinblick auf Lärm, Geruchsbelästigung etc. größere Freiheiten als der Mieter einer Doppelhaushälfte verfängt ebenfalls nicht. Denn ebenso wie ersterer ist letzterer nicht an eine (in Mehrparteienanlagen übliche) Hausordnung gebunden, andererseits unterliegen beide in gleichem Maße gerade im Hinblick auf Lärm- und Geruchsentwicklung den nachbarrechtlichen Rücksichtnahmepflichten, so dass auch hier ein signifikanter qualitativer Mehrwert nicht zu erblicken ist.
Die Mietsache verfügt zudem über ein zweites Bad bzw. WC, wofür ein weiterer Zuschlag von 5 % anzusetzen war. Ein Zuschlag von 5 % für das Vorliegen hochwertigen Bodenbelags war dagegen nicht anzusetzen. Der Kläger hatte keinerlei Angaben zu Beschaffenheit, Fabrikat oder Anschaffungspreis der vorhandenen Fliesen, des Laminats oder des Parketts gemacht, so dass von mittlerer Art und Güte auszugehen war. Ebenso war ein Zuschlag von 10 % für das Vorhandensein einer Terrasse nicht anzusetzen. Nach dem Mietspiegel ist dieser nur bei Wohnungen in 1948 und früher errichteten Gebäuden zu berücksichtigen, was hier nicht der Fall war.
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Im September 2022 begehrte der Kläger unter Bezugnahme auf den Mietspiegel die Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete auf 1.137,60 €. Der Beklagte verweigerte die Zustimmung zur Mieterhöhung. Er war der Ansicht, dass der Zuschlag von 25 % nach dem Mietspiegel ein freistehendes Einfamilienhaus voraussetze und bei einer Doppelhaushälfte keine Anwendung finde.
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Die Mietsache verfügt zudem über ein zweites Bad bzw. WC, wofür ein weiterer Zuschlag von 5 % anzusetzen war. Ein Zuschlag von 5 % für das Vorliegen hochwertigen Bodenbelags war dagegen nicht anzusetzen. Der Kläger hatte keinerlei Angaben zu Beschaffenheit, Fabrikat oder Anschaffungspreis der vorhandenen Fliesen, des Laminats oder des Parketts gemacht, so dass von mittlerer Art und Güte auszugehen war. Ebenso war ein Zuschlag von 10 % für das Vorhandensein einer Terrasse nicht anzusetzen. Nach dem Mietspiegel ist dieser nur bei Wohnungen in 1948 und früher errichteten Gebäuden zu berücksichtigen, was hier nicht der Fall war.
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