15.07.2024

Minderung des Reisepreises nach stark eingeschränkter Schiffsreise in Schottland

Ein Ehepaar hat die Minderung des Reisepreises für eine mehrtägige Schiffsreise in Schottland erfolgreich vor Gericht durchsetzen können. Auf der Schiffsreise waren mehrere geplante Besichtigungen und Schiffspassagen ausgefallen. An einem Tag war das Wetter zu schlecht, an einem anderen Tag konnte ein Kanal wegen Reparaturarbeiten nicht befahren werden. Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden sprach das LG aber nicht zu, da der Reiseveranstalter die Ausfälle nicht zu vertreten habe.

LG Frankfurt a.M. v. 14.2.2024 - 2-24 O 564/23
Der Sachverhalt:
Ein Ehepaar hatte eine elftätige Schiffsreise "Das Herz der schottischen Highlands" für insgesamt rund 13.000 € gebucht. Im geplanten Reiseverlauf war u.a. eine Fahrt durch den Kaledonischen Kanal ab Inverness vorgesehen. Am vierten Reisetag stellte sich heraus, dass der Kanal wegen Reparaturen an der Gairlochy-Swing-Brücke nicht befahren werden konnte. Das Schiff musste am Ende des Kanals im Hafen von Corpach liegen bleiben. Deswegen fiel auch ein Besuch von Inverness, dem Schlachtfeld von Culloden sowie der bronzezeitlichen Steinhügelgräber von Clava Cairns aus.

Während ursprünglich sieben Übernachtungen an unterschiedlichen Liegeplätzen vorgesehen waren, verblieb das Schiff zwei Nächte in Corpach und drei Nächte in Orban. Es wurde ein Alternativprogramm über Land per Bus organisiert. Als das Schiff am sechsten Reisetag endlich in Richtung der Insel Mull weiterfahren sollte, entschied der Kapitän, wegen des starken Windes nicht durch den Sound of Mull, sondern direkt zurück nach Orban zu fahren. Aufgrund des schlechten Wetters war am Folgetag auch ein Besuch der Isle of Eigg nicht mehr möglich.

Das LG gab der Klage der Eheleute auf Minderung des Reisepreises statt. Insgesamt sprach die Reiserechtskammer eine Minderung von 25 % des Gesamtreisepreises, also in Höhe von rund 3.300 € zu. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Da der Kaledonische Kanal nicht befahrbar war, sind ein Kernelement der Reise und mehrere bedeutende Besichtigungen weggefallen. Zwei Drittel der vollen Schiffstage konnten nicht mit dem Erlebniswert und dem Charakter einer Schiffsreise verbracht werden. Das Schiff wurde stattdessen nur als "schwimmendes Hotel" genutzt. Der Minderungsbetrag kann deswegen nicht durch schematische Gegenüberstellung der geschuldeten und tatsächlich erbrachten Reiseleistungen errechnet werden. Er ist vielmehr unter wertender Betrachtung der einzelnen Programmpunkte zu ermitteln. Da eine Minderung ein Verschulden des Reiseveranstalters nicht voraussetzt, ist es auch unerheblich, dass das Schiff nur wegen schlechten Wetters nicht an der Insel Mull und an der Isle of Eigg anlanden konnte.

Den Klägern steht jedoch kein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden zu. Denn im Gegensatz zum Minderungsrecht erfordert der Schadensersatz ein Verschulden des Reiseveranstalters. Dies ist nicht gegeben. Es traten außergewöhnliche und für die Beklagte unvermeidbare Umstände auf. Weder die kaputte Schwingbrücke, die behördlich angeordnete Nichtbefahrbarkeit des Kaledonischen Kanals noch die Wetterentwicklung hat die Beklagten zu vertreten.

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LG Frankfurt a.M. PM vom 11.7.2024
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