Minderung wegen Fehlens des Gepäcks bei Arktiskreuzfahrt
LG München II v. 10.1.2025 - 14 O 2061/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger und seine Mutter buchten im Jahr 2023 bei der Beklagten eine elftägige Pauschalreise nach Longyearbyen (Norwegen) mit anschließender Kreuzfahrt "Auf den Spuren der Eisbären". Während des Hinflugs kam es zu einer verspäteten Auslieferung aller Gepäckstücke der Reisenden. Der Kläger und seine Mutter meldeten ihr Gepäck als verloren und erstatteten unverzüglich Schadensanzeige.
Vor der Abfahrt des Schiffes kauften sie in Outdoor-Läden in Longyearbyen das Notwendigste ein. An Bord gab es eine Boutique und einen Wäscheservice. Schuhe und Parka für die Expeditionen an Land wurden gestellt. Die Beklagte erstattete den Reisenden außergerichtlich 25 Prozent vom gezahlten Reisepreis und 1.500 € (von rd. 2.300 €) für die Ersatzbeschaffungen. Vor Gericht machte der Kläger den Restbetrag für die Ersatzbeschaffungen, weitere 15 Prozent vom gezahlten Pauschalreisepreis und einen "Schadensersatzanspruch für entgangene Urlaubsfreuden" geltend.
Das LG gab der Klage teilweise statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf eine Minderung in Gesamthöhe von 30 Prozent vom gezahlten Pauschalreisepreis (§ 651m Abs. 1 BGB) und auf Zahlung weiterer rd. 500 € für die Ersatzbeschaffungen (§ 651n Abs. 1 BGB). Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit (§ 651n Abs. 2 BGB) besteht indes nicht.
Das Fehlen von Gepäck mit persönlichen Gegenständen des Reisenden stellt einen Reisemangel dar. Weil der Veranstalter jedoch keine besondere Kleiderordnung bei den Mahlzeiten (dress code) hatte, die Ausrüstung für die Expeditionen zur Verfügung stellte und es zudem einen Wäscheservice an Bord gab, erscheint eine Minderung von 30 Prozent des gezahlten Reisepreises als ausreichend und angemessen.
Bei den Ersatzbeschaffungen (Verbrauchsartikel, Grund- und Funktionsbekleidung) nahm die Beklagte u.a. einen Abschlag für Vermögensvorteile vor, weil die Reisenden die Sachen nach der Rückkehr weiterhin nutzen können. Dem Argument der Beklagten war nicht zu folgen, soweit es sich um "Funktionskleidung" handelte, denn der Kläger und seine Mutter haben überzeugend dargelegt, dass sie die eigens für eine Expedition in die Arktis gekaufte Funktionsbekleidung nicht mehr benötigen. Anders verhält sich dies bei den Verbrauchsartikeln (Waschmittel, Zahnpasta, etc.) - denn die Reisenden erhielten ihre Koffer bei der Rückkehr von der Reise zurück und konnten die darin enthaltenen Verbrauchsartikel (weiter) nutzen.
Ein Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit besteht nicht, weil der Kläger und seine Mutter aufgrund der Möglichkeit von Ersatzbeschaffungen in Longyearbyen und an Bord sowie wegen der ihnen zur Verfügung gestellten Ausrüstungsgegenstände (Schuhe, Parka) an der Kreuzfahrt und den Expeditionen an Land teilnehmen konnten, was Sinn und Zweck der gebuchten Expeditionsreise war. Bei einer Expeditionsreise kommt es im Wesentlichen auf die landschaftlichen Aspekte der Polarregion sowie ihrer Tierlandschaft an. Die Annehmlichkeiten an Bord eines Expeditionsschiffes bilden nicht den Kernbereich einer Expeditionsreise.
Mehr zum Thema:
Kommentierung | BGB
§ 651m Minderung
Blankenburg in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023
Kommentierung | BGB
§ 651n Schadensersatz
Blankenburg in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023
Kommentierung | BGB
§ 651o Mängelanzeige durch den Reisenden
Blankenburg in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023
Beratermodul Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht
Die perfekte Basisausstattung zum Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht finden Praktiker in diesem Beratermodul. Jetzt neu und zusätzlich mit der GVRZ - Zeitschrift für das gesamte Verfahrensrecht! 4 Wochen gratis nutzen!
LG München I PM Nr. 1 vom 23.1.2025
Der Kläger und seine Mutter buchten im Jahr 2023 bei der Beklagten eine elftägige Pauschalreise nach Longyearbyen (Norwegen) mit anschließender Kreuzfahrt "Auf den Spuren der Eisbären". Während des Hinflugs kam es zu einer verspäteten Auslieferung aller Gepäckstücke der Reisenden. Der Kläger und seine Mutter meldeten ihr Gepäck als verloren und erstatteten unverzüglich Schadensanzeige.
Vor der Abfahrt des Schiffes kauften sie in Outdoor-Läden in Longyearbyen das Notwendigste ein. An Bord gab es eine Boutique und einen Wäscheservice. Schuhe und Parka für die Expeditionen an Land wurden gestellt. Die Beklagte erstattete den Reisenden außergerichtlich 25 Prozent vom gezahlten Reisepreis und 1.500 € (von rd. 2.300 €) für die Ersatzbeschaffungen. Vor Gericht machte der Kläger den Restbetrag für die Ersatzbeschaffungen, weitere 15 Prozent vom gezahlten Pauschalreisepreis und einen "Schadensersatzanspruch für entgangene Urlaubsfreuden" geltend.
Das LG gab der Klage teilweise statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf eine Minderung in Gesamthöhe von 30 Prozent vom gezahlten Pauschalreisepreis (§ 651m Abs. 1 BGB) und auf Zahlung weiterer rd. 500 € für die Ersatzbeschaffungen (§ 651n Abs. 1 BGB). Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit (§ 651n Abs. 2 BGB) besteht indes nicht.
Das Fehlen von Gepäck mit persönlichen Gegenständen des Reisenden stellt einen Reisemangel dar. Weil der Veranstalter jedoch keine besondere Kleiderordnung bei den Mahlzeiten (dress code) hatte, die Ausrüstung für die Expeditionen zur Verfügung stellte und es zudem einen Wäscheservice an Bord gab, erscheint eine Minderung von 30 Prozent des gezahlten Reisepreises als ausreichend und angemessen.
Bei den Ersatzbeschaffungen (Verbrauchsartikel, Grund- und Funktionsbekleidung) nahm die Beklagte u.a. einen Abschlag für Vermögensvorteile vor, weil die Reisenden die Sachen nach der Rückkehr weiterhin nutzen können. Dem Argument der Beklagten war nicht zu folgen, soweit es sich um "Funktionskleidung" handelte, denn der Kläger und seine Mutter haben überzeugend dargelegt, dass sie die eigens für eine Expedition in die Arktis gekaufte Funktionsbekleidung nicht mehr benötigen. Anders verhält sich dies bei den Verbrauchsartikeln (Waschmittel, Zahnpasta, etc.) - denn die Reisenden erhielten ihre Koffer bei der Rückkehr von der Reise zurück und konnten die darin enthaltenen Verbrauchsartikel (weiter) nutzen.
Ein Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit besteht nicht, weil der Kläger und seine Mutter aufgrund der Möglichkeit von Ersatzbeschaffungen in Longyearbyen und an Bord sowie wegen der ihnen zur Verfügung gestellten Ausrüstungsgegenstände (Schuhe, Parka) an der Kreuzfahrt und den Expeditionen an Land teilnehmen konnten, was Sinn und Zweck der gebuchten Expeditionsreise war. Bei einer Expeditionsreise kommt es im Wesentlichen auf die landschaftlichen Aspekte der Polarregion sowie ihrer Tierlandschaft an. Die Annehmlichkeiten an Bord eines Expeditionsschiffes bilden nicht den Kernbereich einer Expeditionsreise.
Kommentierung | BGB
§ 651m Minderung
Blankenburg in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023
Kommentierung | BGB
§ 651n Schadensersatz
Blankenburg in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023
Kommentierung | BGB
§ 651o Mängelanzeige durch den Reisenden
Blankenburg in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023
Beratermodul Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht
Die perfekte Basisausstattung zum Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht finden Praktiker in diesem Beratermodul. Jetzt neu und zusätzlich mit der GVRZ - Zeitschrift für das gesamte Verfahrensrecht! 4 Wochen gratis nutzen!