Notwendigkeit der Beteiligung des Samenspenders bei Adoption durch Ehefrau der Kindesmutter
BGH v. 31.7.2024 - XII ZB 147/24
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten zu 1) und zu 2) haben 2014 eine Lebenspartnerschaft begründet und sind seit Dezember 2017 miteinander verheiratet. Das betroffene Kind war durch eine private Samenspende gezeugt und am 24.7.2020 von der Beteiligten zu 2) geboren worden. Durch notarielle Urkunde vom 3.2.2021 willigte die Beteiligte zu 2) in die Annahme ihres Kindes durch die Beteiligte zu 1) ein. Diese hat in der Folge die Annahme des Kindes beantragt. Eine Zustimmungserklärung des Samenspenders, mit dem die Beteiligten nach eigenen Angaben in schriftlichem und telefonischem Kontakt stehen, hat sie nicht vorgelegt. Sie hat
Die Beteiligte zu 1) hat behauptet, der Samenspender habe sich zwar bereit erklärt, das Kind zu treffen und mit diesem Kontakt zu haben, wenn dies irgendwann dessen Wunsch entspreche. Er wolle aber derzeit nicht aktiv am Leben des Kindes teilhaben und habe in einem anlässlich des gerichtlichen Verfahrens geführten Telefonat erklärt, auf keinen Fall namentlich benannt werden zu wollen. Die Mitteilung der Kontaktdaten des Samenspenders haben die Beteiligten daher mit der Begründung verweigert, sie wollten vermeiden, dass sich der leibliche Vater bei Preisgabe seines Namens gegen seinen Willen zurückziehe und zu einem späteren Kontakt mit dem Kind nicht mehr bereit sei.
Das AG hat den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Annahme des Kindes zurückgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung bestätigt. Auch die hiergegen gerichtete zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Das OLG hat zutreffend angenommen, dass die Adoption des Kindes durch die Beteiligte zu 1) ohne Benachrichtigung des Samenspenders von dem Adoptionsverfahren gem. § 7 Abs. 4 FamFG nicht ausgesprochen werden kann.
Das grundrechtlich geschützte Interesse des möglichen leiblichen Vaters, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einnehmen zu können, ist verfahrensrechtlich dadurch zu sichern, dass dieser vom Familiengericht entsprechend § 7 Abs. 4 FamFG vom Adoptionsverfahren benachrichtigt werden muss, um ihm eine Beteiligung am Verfahren zu ermöglichen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18.2.2015 - XII ZB 473/13 - FamRZ 2015, 828). Von einer solchen Benachrichtigung kann nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn aufgrund der umfassend aufgeklärten Umstände unzweifelhaft ist, dass eine Beteiligung des möglichen leiblichen Vaters nicht in Betracht kommt. Das ist etwa der Fall, wenn dieser auf sein grundrechtlich geschütztes Interesse, die rechtliche Vaterstellung zu erlangen, verzichtet hat. Darüber hinaus ist eine Benachrichtigung vom Adoptionsverfahren regelmäßig nur unter den Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 BGB entbehrlich.
Allerdings sind bloße Erklärungen der Annehmenden und der Kindesmutter, der diesen bekannte private Samenspender sei mit der Adoption einverstanden und lege keinen Wert auf eine Beteiligung am Adoptionsverfahren, sowie von diesen vorgelegte, nicht auf ihre Authentizität überprüfbare Textnachrichten entsprechenden Inhalts entbinden das Tatgericht nicht ohne Weiteres von der Benachrichtigung des Samenspenders von dem Adoptionsverfahren. Derartige Mitteilungen genügen nicht als Grundlage für eine Adoptionsentscheidung. Zu Recht hat das Beschwerdegericht insoweit darauf hingewiesen, dass es eine Aushöhlung der Möglichkeit des leiblichen Vaters, seine durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Interessen wahrzunehmen, durch den Ausspruch der Adoption auf einer ungesicherten Grundlage zu vermeiden gilt.
Mehr zum Thema:
Rechtsprchung
§ 1747 BGB: Einwilligung des Samenspenders in Adoption des Kindes durch Lebenspartnerin der Mutter [m. Anm. Reuß, S. 831]
BGH vom 18.02.2015 - XII ZB 473/13
Philipp M. Reuß, FamRZ 2015, 828
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Die Beteiligten zu 1) und zu 2) haben 2014 eine Lebenspartnerschaft begründet und sind seit Dezember 2017 miteinander verheiratet. Das betroffene Kind war durch eine private Samenspende gezeugt und am 24.7.2020 von der Beteiligten zu 2) geboren worden. Durch notarielle Urkunde vom 3.2.2021 willigte die Beteiligte zu 2) in die Annahme ihres Kindes durch die Beteiligte zu 1) ein. Diese hat in der Folge die Annahme des Kindes beantragt. Eine Zustimmungserklärung des Samenspenders, mit dem die Beteiligten nach eigenen Angaben in schriftlichem und telefonischem Kontakt stehen, hat sie nicht vorgelegt. Sie hat
Die Beteiligte zu 1) hat behauptet, der Samenspender habe sich zwar bereit erklärt, das Kind zu treffen und mit diesem Kontakt zu haben, wenn dies irgendwann dessen Wunsch entspreche. Er wolle aber derzeit nicht aktiv am Leben des Kindes teilhaben und habe in einem anlässlich des gerichtlichen Verfahrens geführten Telefonat erklärt, auf keinen Fall namentlich benannt werden zu wollen. Die Mitteilung der Kontaktdaten des Samenspenders haben die Beteiligten daher mit der Begründung verweigert, sie wollten vermeiden, dass sich der leibliche Vater bei Preisgabe seines Namens gegen seinen Willen zurückziehe und zu einem späteren Kontakt mit dem Kind nicht mehr bereit sei.
Das AG hat den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Annahme des Kindes zurückgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung bestätigt. Auch die hiergegen gerichtete zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Das OLG hat zutreffend angenommen, dass die Adoption des Kindes durch die Beteiligte zu 1) ohne Benachrichtigung des Samenspenders von dem Adoptionsverfahren gem. § 7 Abs. 4 FamFG nicht ausgesprochen werden kann.
Das grundrechtlich geschützte Interesse des möglichen leiblichen Vaters, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einnehmen zu können, ist verfahrensrechtlich dadurch zu sichern, dass dieser vom Familiengericht entsprechend § 7 Abs. 4 FamFG vom Adoptionsverfahren benachrichtigt werden muss, um ihm eine Beteiligung am Verfahren zu ermöglichen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18.2.2015 - XII ZB 473/13 - FamRZ 2015, 828). Von einer solchen Benachrichtigung kann nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn aufgrund der umfassend aufgeklärten Umstände unzweifelhaft ist, dass eine Beteiligung des möglichen leiblichen Vaters nicht in Betracht kommt. Das ist etwa der Fall, wenn dieser auf sein grundrechtlich geschütztes Interesse, die rechtliche Vaterstellung zu erlangen, verzichtet hat. Darüber hinaus ist eine Benachrichtigung vom Adoptionsverfahren regelmäßig nur unter den Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 BGB entbehrlich.
Allerdings sind bloße Erklärungen der Annehmenden und der Kindesmutter, der diesen bekannte private Samenspender sei mit der Adoption einverstanden und lege keinen Wert auf eine Beteiligung am Adoptionsverfahren, sowie von diesen vorgelegte, nicht auf ihre Authentizität überprüfbare Textnachrichten entsprechenden Inhalts entbinden das Tatgericht nicht ohne Weiteres von der Benachrichtigung des Samenspenders von dem Adoptionsverfahren. Derartige Mitteilungen genügen nicht als Grundlage für eine Adoptionsentscheidung. Zu Recht hat das Beschwerdegericht insoweit darauf hingewiesen, dass es eine Aushöhlung der Möglichkeit des leiblichen Vaters, seine durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Interessen wahrzunehmen, durch den Ausspruch der Adoption auf einer ungesicherten Grundlage zu vermeiden gilt.
Rechtsprchung
§ 1747 BGB: Einwilligung des Samenspenders in Adoption des Kindes durch Lebenspartnerin der Mutter [m. Anm. Reuß, S. 831]
BGH vom 18.02.2015 - XII ZB 473/13
Philipp M. Reuß, FamRZ 2015, 828
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