10.03.2022

Nutzungsentschädigung bei Rückabwicklung eines Leasingvertrages

Ist ein Leasingvertrag über ein Auto rückabzuwickeln, steht dem Leasingnehmer grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Leasingraten zu. Demgegenüber kann der Leasinggeber, also derjenige der das Auto zur Verfügung gestellt hat, Nutzungsentschädigung für die zwischenzeitlich gefahrenen Kilometer verlangen.

OLG Braunschweig v. 1.2.2022 - 7 U 566/20
Der Sachverhalt:
Das klagende Unternehmen erreichte aufgrund eines Mangels des von ihm geleasten Fahrzeugs Audi A6 Avant 50 TDI quattro tip-tronic eine Rückabwicklung des Leasingvertrages mit der beklagten Leasinggeberin und forderte von dieser anschließend die Rückzahlung der geleisteten Leasingraten. Die Beklagte rechnete ihrerseits mit der Nutzungsentschädigung auf und beanspruchte dabei 0,67 % des Neupreises pro gefahrenen 1.000 km, wobei dieser Pauschale die Erwartung einer Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 150.000 km zu Grunde liegt.

Diesen Prozentfaktor hatte das vermittelnde Autohaus in ein Formular eingetragen, das die Beklagte zur Verfügung gestellt und der Geschäftsführer der Klägerin bei Rückgabe des Fahrzeugs unterschrieben hatte. In diesem Formular befand sich unter Angabe "Prozentfaktor: 0,67 %" ein weiteres Feld "Nutzungsentschädigung", das das Autohaus nicht ausgefüllt hatte. Die Beklagte berief sich darauf, der "Prozentfaktor" sei durch die Unterschrift des Geschäftsführers der Klägerin rechtsverbindlich festgelegt worden.

Das LG gab der Klage teilweise statt. Auf die Berufung der Klägerin reduzierte das OLG die geforderte Nutzungsentschädigung erheblich. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Abrede hinsichtlich des Prozentfaktors kommt keine Geltung zu.

Anders als vom LG angenommen, handelt es sich bei der unterzeichneten Erklärung um AGB, die die Beklagte einseitig für eine Vielzahl von Verträgen festgelegt hat. Um den Vertragspartner vor der einseitigen Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsmacht zu schützen, unterliegen AGB grundsätzlich inhaltlichen Beschränkungen und müssen klar und verständlich formuliert sein.

Zwar gibt es bei einer Preis- oder Berechnungsabrede keine Inhaltskontrolle, jedoch hat die Beklagte gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen, weil nur das Feld "Prozentfaktor" und nicht das Feld "Nutzungsentschädigung" ausgefüllt wurde. Die Formulierung lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass sie die Grundlage für die Berechnung der Nutzungsentschädigung bildet. Es ist außerdem nicht erkennbar, auf welche Bezugspunkte sich der Prozentfaktor bezieht. Auch von einem Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft kann nicht verlangt werden, dass er präsentes Wissen über die Einzelheiten der Berechnung einer Nutzungsentschädigung hat.

Der Senat hat letztendlich die Anrechnung der Nutzungsentschädigung nach der "linearen Berechnungsmethode" vorgenommen. Dabei wird der Kaufpreis des Fahrzeugs zu der voraussichtlichen Restlaufleistung ins Verhältnis gesetzt und mit der tatsächlichen Fahrleistung des Käufers multipliziert. Die Gesamtlaufleistung war unter Berücksichtigung des statistischen Mittelwerts für das streitgegenständliche Fahrzeug auf 300.000 km zu schätzen. Die Berücksichtigung der höheren Gesamtlaufleistung führte hier letztendlich zu einer erheblichen Reduzierung der geforderten Nutzungsentschädigung.

Mehr zum Thema:
  • Aufsatz: Kulke - Neue Regelungen für faire Verbraucherverträge (MDR 2022, 129)
  • Kurzbeitrag: Kfz-Recht (MDR 2021, R315)
  • Praxisrelevante Lösungen für alle Fragestellungen zum Zivilrecht bietet Ihnen unser umfassendes Aktionsmodul Zivilrecht (6 Module zum Arbeitsrecht, Erbrecht, Familienrecht, Miet- und WEG-Recht, Zivil- und Zivilverfahrensrecht) - jetzt 4 Wochen lang kostenlos testen.
OLG Braunschweig PM vom 8.3.2022
Zurück