16.07.2024

Prozesskostenhilfe: Die Bundesagentur für Arbeit ist nicht von der Aufbringung von Prozesskosten befreit

Klagt ein Insolvenzverwalter u.a. im Interesse der Bundesagentur für Arbeit als Insolvenzgläubigerin gegen Dritte, ist der Bundesagentur für Arbeit zuzumuten, die erforderlichen Prozesskosten aufzubringen. Sie ist nicht grundsätzlich aufgrund ihrer Stellung privilegiert und von der Aufbringung der Prozesskosten befreit. Das OLG Frankfurt a.M. hat bestätigt, dass dem Insolvenzverwalter keine Prozesskostenhilfe zu gewähren war.

OLG Frankfurt a.M. v. 5.7.2024 - 4 W 13/24
Der Sachverhalt:
Der klagende Insolvenzverwalter begehrt Prozesskostenhilfe für die Inanspruchnahme der Beklagten aus Insolvenzanfechtung. Zu den vom Kläger vertretenen Insolvenzgläubigern gehört die Bundesagentur für Arbeit. Hätte die Klage Erfolg, würde sie von ihrem Anteil an der eingeklagten Forderung in erheblichem Umfang profitieren.

Das LG wies den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück, da der Bundesagentur für Arbeit als Insolvenzgläubigerin die Aufbringung der Prozesskosten zumutbar sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Insolvenzverwalters hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen, da die Problematik in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten ist.

Die Gründe:
Der Bundesagentur für Arbeit als hiesige Insolvenzgläubigerin ist von der Kostentragung für das Verfahren nicht befreit. Ihr ist die Aufbringung der Kosten zuzumuten. Vorschüsse auf die Prozesskosten sind grundsätzlich solchen Beteiligten zuzumuten, welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten.

Neuerdings ist umstritten, ob eine solche - bislang überwiegend angenommene - Unzumutbarkeit bei der Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich weiterhin anzunehmen ist. Eine solche Unzumutbarkeit ist jedoch nicht anzunehmen.

Der Gesetzgeber geht grundsätzlich davon aus, dass jeder seine Aufwendungen für einen Prozess selbst zu tragen hat. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist die Ausnahme. Im Fall der Klage eines Insolvenzverwalters kommt es dabei darauf an, ob den Insolvenzgläubigern die Kostenaufbringung nicht zumutbar ist. Die Regelungen sind erkennbar von dem Gedanken getragen, dass es Insolvenzgläubigern grundsätzlich zumutbar ist, die Kosten eines Rechtsstreits aufzubringen, wenn sie auch wirtschaftlich von dessen Ergebnis maßgeblich profitieren. Alleine der Umstand, dass die Insolvenzgläubiger nicht formal Partei sind, sondern diese Rolle der Insolvenzverwalter einnimmt, schützt sie nicht davor, wie eine Partei wirtschaftlich in Vorleistung gehen zu müssen.

Es muss folglich Gründe von erheblichem Gewicht geben, damit die Zumutbarkeit im Einzelfall entfällt. Diese sind nicht bereits dann grundsätzlich anzunehmen, wenn der Gläubiger "sinnvolle" Zwecke im öffentlichen Interesse verfolgt. Es ist nicht Aufgabe der Regelungen zur Gewährung von Prozesskostenhilfe, grundsätzlich "erwünschte" oder sonst "förderungswürdige" Tätigkeiten unterschiedlicher Akteure zu privilegieren. Dem Gesetzgeber stehen dafür vielmehr mannigfaltige andere Fördermöglichkeiten zur Verfügung, deren Gebrauch weniger systemfremd wäre.

Auch mit möglichen Schwierigkeiten, im Haushalt Vorsorge für die wirtschaftliche Beteiligung an Rechtsstreitigkeiten zu tragen, lässt sich eine Unzumutbarkeit nicht begründen. Insoweit gibt es zahlreiche Vorsorgemöglichkeiten. Folglich ist der Bundesagentur für Arbeit die Prozessfinanzierung zumutbar.

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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 42 vom 15.7.2024
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