Scheidungsverfahren: Getrenntleben der Eheleute trotz gemeinsamer Wohnung
OLG Frankfurt a.M. v. 28.3.2024 - 1 UF 160/23
Der Sachverhalt:
Die Eheleute streiten um den Zeitpunkt der wechselseitigen Auskunftsverpflichtung zum Trennungsvermögen im Rahmen ihres Scheidungsverfahrens. Wenn die Scheidung beantragt ist, kann jeder Ehegatte von dem anderen Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen (§ 1379 BGB). Dieser Auskunftsanspruch soll den Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten vor - für die Berechnung eines etwaigen Zugewinnanspruchs relevanten - Vermögensmanipulationen in der Trennungszeit verbessern.
Die Eheleute haben drei noch minderjährige Kinder und wohnten gemeinsam mit ihnen in einem Haus. Sie stellten wechselseitige Anträge auf Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung. Das AG hatte der Auskunftspflicht den vom Ehemann benannten späteren Trennungszeitpunkt zugrunde gelegt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau hatte vor dem OLG Erfolg. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Die Trennung ist für den Zeitpunkt festzustellen, zu welchem (objektiv) zwischen den Eheleuten keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und (subjektiv) zumindest ein Ehegatte diese Gemeinschaft auch nicht mehr herstellen will, da er sie ablehnt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass ein Ehegatte aus der ehelichen Wohnung auszieht. Ausreichend ist, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Es bedarf keiner vollkommenen Trennung. Erforderlich ist nur ein der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung. Dazu gehört das nach außen erkennbare getrennte Wohnen und Schlafen.
Erforderlich ist zudem, dass die Eheleute keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen und keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestehen. Verbleibende Gemeinsamkeiten müssen sich in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen. Vereinzelt bleibende Versorgungsleistungen bzw. Handreichungen der Ehegatten füreinander ohne besondere Intensität oder Regelmäßigkeit stehen demnach der Annahme der Trennung nicht entgegen. Sie müssen sich aber in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen. Ein freundschaftlicher, anständiger und vernünftiger Umgang der Ehegatten miteinander steht der Trennungsannahme insbesondere dann nicht entgegen, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben. Denn auch nach der Trennung bleiben die Ehegatten über die Elternschaft miteinander verbunden und sind zum Wohl ihrer Kinder zum Wohlverhalten verpflichtet. Da die Trennungsverarbeitung durch die Kinder häufig maßgeblich vom Umgang der Ehegatten miteinander geprägt wird, steht ein höfliches Miteinander und gemeinsame Mahlzeiten mit den Kindern der Annahme eines Getrenntlebens nicht entgegen.
Hier sind die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Trennung erfüllt gewesen, seitdem die Antragstellerin dem Antragsgegner ihren Willen, die häusliche Gemeinschaft nicht mehr herstellen zu wollen, weil sie die häusliche Gemeinschaft ablehnt, per Mail eindeutig mitgeteilt hat. Der Ehemann hat zu diesem Zeitpunkt innerhalb des gemeinsamen Hauses eine Schlafstätte nebst Badezimmer im Keller genutzt. Eine persönliche Beziehung zwischen den Ehegatten hat seitdem nicht mehr bestanden. Die vereinzelten Einkäufe und Erledigungen sind im Gesamtbild unwesentlich gewesen und haben in der vereinzelt gebliebenen Situation noch der allgemeinen Höflichkeit und Hilfsbereitschaft entsprochen, wie sie auch außerhalb ehelichen Zusammenlebens aus gesellschaftlichem Anstand jedenfalls nicht ungewöhnlich sind.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
§ 1565 I BGB: Scheitern der Ehe trotz versöhnlichem Umgang der Eheleute
OLG Köln vom 16.11.2022 - 10 UF 58/22
FamRZ 2023, 1276
Aufsatz:
Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Zugewinnausgleich
Elisabeth Koch, FamRZ 2023, 169
juris Familienrecht
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 19 vom 15.4.2024
Die Eheleute streiten um den Zeitpunkt der wechselseitigen Auskunftsverpflichtung zum Trennungsvermögen im Rahmen ihres Scheidungsverfahrens. Wenn die Scheidung beantragt ist, kann jeder Ehegatte von dem anderen Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen (§ 1379 BGB). Dieser Auskunftsanspruch soll den Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten vor - für die Berechnung eines etwaigen Zugewinnanspruchs relevanten - Vermögensmanipulationen in der Trennungszeit verbessern.
Die Eheleute haben drei noch minderjährige Kinder und wohnten gemeinsam mit ihnen in einem Haus. Sie stellten wechselseitige Anträge auf Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung. Das AG hatte der Auskunftspflicht den vom Ehemann benannten späteren Trennungszeitpunkt zugrunde gelegt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau hatte vor dem OLG Erfolg. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Die Trennung ist für den Zeitpunkt festzustellen, zu welchem (objektiv) zwischen den Eheleuten keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und (subjektiv) zumindest ein Ehegatte diese Gemeinschaft auch nicht mehr herstellen will, da er sie ablehnt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass ein Ehegatte aus der ehelichen Wohnung auszieht. Ausreichend ist, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Es bedarf keiner vollkommenen Trennung. Erforderlich ist nur ein der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung. Dazu gehört das nach außen erkennbare getrennte Wohnen und Schlafen.
Erforderlich ist zudem, dass die Eheleute keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen und keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestehen. Verbleibende Gemeinsamkeiten müssen sich in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen. Vereinzelt bleibende Versorgungsleistungen bzw. Handreichungen der Ehegatten füreinander ohne besondere Intensität oder Regelmäßigkeit stehen demnach der Annahme der Trennung nicht entgegen. Sie müssen sich aber in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen. Ein freundschaftlicher, anständiger und vernünftiger Umgang der Ehegatten miteinander steht der Trennungsannahme insbesondere dann nicht entgegen, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben. Denn auch nach der Trennung bleiben die Ehegatten über die Elternschaft miteinander verbunden und sind zum Wohl ihrer Kinder zum Wohlverhalten verpflichtet. Da die Trennungsverarbeitung durch die Kinder häufig maßgeblich vom Umgang der Ehegatten miteinander geprägt wird, steht ein höfliches Miteinander und gemeinsame Mahlzeiten mit den Kindern der Annahme eines Getrenntlebens nicht entgegen.
Hier sind die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Trennung erfüllt gewesen, seitdem die Antragstellerin dem Antragsgegner ihren Willen, die häusliche Gemeinschaft nicht mehr herstellen zu wollen, weil sie die häusliche Gemeinschaft ablehnt, per Mail eindeutig mitgeteilt hat. Der Ehemann hat zu diesem Zeitpunkt innerhalb des gemeinsamen Hauses eine Schlafstätte nebst Badezimmer im Keller genutzt. Eine persönliche Beziehung zwischen den Ehegatten hat seitdem nicht mehr bestanden. Die vereinzelten Einkäufe und Erledigungen sind im Gesamtbild unwesentlich gewesen und haben in der vereinzelt gebliebenen Situation noch der allgemeinen Höflichkeit und Hilfsbereitschaft entsprochen, wie sie auch außerhalb ehelichen Zusammenlebens aus gesellschaftlichem Anstand jedenfalls nicht ungewöhnlich sind.
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Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Zugewinnausgleich
Elisabeth Koch, FamRZ 2023, 169
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