Schlusserbe wird kein Ersatzerbe
OLG Hamm 14.3.2014, 15 W 136/13Die Beteiligte zu 1) ist die Tochter aus der ersten Ehe des im Jahr 2012 im Alter von 83 Jahren verstorbenen Erblassers. Der Beteiligte zu 2) ist der Neffe der zweiten Ehefrau des Erblassers. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau hatte der Erblasser im Jahr 2005 ein Ehegattentestament erstellt, mit dem sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzten und die Beteiligten zu 1) und 2) zu gleichen Teilen als Schlusserben des Letztversterbenden bestimmten.
Nach dem Tod des Erblassers schlug die zweite Ehefrau die Erbschaft aus. Daraufhin beantragte die Beteiligte zu 1) einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein. Dem Antrag trat der Beteiligte zu 2) entgegen. Er war der Ansicht, dass, er aufgrund des Testaments aus dem Jahr 2005 hälftiger Miterbe geworden sei.
Die Beteiligte zu 1) erhielt sowohl in erster als auch in zweiter Instanz Recht.
Die Gründe:
Als einziger Abkömmling des Erblassers war die Beteiligte zu 1) dessen Alleinerbin. Da die zweite Ehefrau die Erbschaft aus allen Berufungsgründen ausgeschlagen hatte, stand ihr kein gesetzliches Erbrecht zu. Die im Ehegattentestament geregelte Konstellation, dass beide Beteiligte Schlusserben nach dem Letztversterbenden werden sollten, lag nicht vor, da der Erblasser der zuerst Verstorbene war.
Die Beteiligten zu 1) und 2) waren im Ehegattentestament auch nicht zu Ersatzerben für den Fall berufen worden, dass der überlebende Ehegatte die ihm zufallende Erbschaft ausschlagen würde. Eine ausdrückliche Berufung beider Beteiligten zu Ersatzerben enthielt die letztwillige Verfügung nicht und war auch nicht in diesem Sinne auszulegen.
Mit der Einsetzung des überlebenden Ehegatten als Alleinerben und weiterer Personen als Schlusserben bezweckten die testierenden Eheleute bei der Errichtung eines Ehegattentestaments, das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen zunächst dem überlebenden Ehegatten ohne jede Einschränkung zukommen zu lassen, um das Vermögen dann nach dem Tod des Letztversterbenden den Schlusserben zuzuwenden. Einer solchen Konstellation liegt regelmäßig die Erwartung zugrunde, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des Erstversterbenden das ihm Zugewandte auch annimmt.
Schlägt der überlebende Ehegatte allerdings - wie hier - die Erbschaft aus, erhält er die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zurück. Dass der Erblasser für diesen Fall den Willen gehabt hatte, die als Schlusserben für das gemeinsame Vermögen ausgewählten Personen auch als Ersatzerben für (allein) sein Vermögen zu bestimmen, kann regelmäßig nicht angenommen werden. Mit der Ausschlagung verliert nämlich die Tochter des Erblassers die mit Bindungswirkung ausgestattete Aussicht, auch nach dem Tode der überlebenden zweiten Ehefrau zur Schlusserbin berufen zu sein.