28.03.2022

Sind wohnraummietrechtliche "Quotenabgeltungsklauseln" als Individualvereinbarung unwirksam?

Wohnraummietrechtliche "Quotenabgeltungsklauseln" sind - nicht anders als die Vereinbarung einer "Verwaltungskostenpauschale" oder die Kostenumlage von Kleinreparaturen - auch als Individualvereinbarung gem. § 556 Abs. 4 BGB unwirksam. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen, um eine höchstrichterliche Klärung der (Un-)Wirksamkeit) individualvertraglicher Quotenabgeltungsklauseln zu ermöglichen.

LG Berlin v. 15.3.2022 - 67 S 240/21
Der Sachverhalt:
Die Kläger hatten von der Beklagten gerichtlich die Rückzahlung der von ihnen geleisteten Mietsicherheit gefordert. Das AG hat die Klage abgewiesen. Rückzahlungsansprüche bestünden nicht, da die Beklagte wirksam mit Ansprüchen in nämlicher Höhe aus einer zwischen den Parteien geschlossenen "Quotenabgeltungsklausel" aufgerechnet habe. Bei dieser handele es sich um keine AGB, sondern um eine wirksame Individualvereinbarung. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vereinbarung habe die Beklagte bewiesen.

Die Kläger waren weiterhin der Ansicht, die "Quotenabgeltungsklausel" sei unwirksam, da es sich bei ihr um eine AGB handele, die sie unangemessen benachteilige. Aber auch als Individualvereinbarung habe sie keinen Bestand, da sie keine nachvollziehbare Ermittlung des Abgeltungsbetrages erlaube. Auf die Berufung der Kläger hat das LG das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Den Klägern steht der geltend gemachte Kautionsrückzahlungsanspruch zu. Aufrechenbare Gegenanspruche der Klägerin im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Quotenabgeltungsklausel bestehen nicht, unabhängig davon, ob es sich bei dieser um eine Individual- oder eine an den § 305 ff. BGB zu messende Formularvereinbarung handelt.

Die Klausel ist bereits als Individualvereinbarung gem. § 556 Abs. 4 Alt. 1 BGB unwirksam. Danach sind Vereinbarungen unwirksam, die zum Nachteil des Mieters von § 556 Abs. 1 BGB abweichen. Und dies war hier der Fall. § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB gestattet den Parteien eines Wohnraummietvertrages lediglich eine Vereinbarung dahingehend, "dass der Mieter Betriebskosten trägt". Damit ist es im Wohnraummietrecht nur möglich, neben der Grundmiete Betriebskosten, nicht aber Verwaltungs- oder Instandssetzungs- und Instandhaltungskosten auf den Mieter abzuwälzen.

Eine der Beklagten günstigere Beurteilung wäre nur in Betracht zu ziehen, wenn die von den Parteien vereinbarte Quotenabgeltung als Bestandteil der Mietzinsabrede oder als eine dieser zuzurechnende Offenlegung der vermieterseitigen Kalkulation zu verstehen wäre. Eine solches Verständnis indes ist unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB nicht herzuleiten, da die Vertragsparteien den Mietzins gesondert vereinbart hatten, ohne dass sich aus dem Wortlaut, der Systematik, dem Sinn und Zweck oder den Begleitumständen des Gesamtvertrages auch nur ein belastbarer Anhalt dafür ergäbe, dass die Parteien die Quotenabgeltung als Bestandteil der Vereinbarung des Grundmietzinses verstanden hätten oder hätten verstanden wissen wollen.

Nichts anderes folgt aus der Entscheidung des VIII. Zivilsenates des BGH zur Zulässigkeit eines formularvertraglichen "Schönheitsreparaturzuschlags" (BGH, Beschl. v. 30.5.2017 - VIII ZR 31/17). Insoweit können nicht nur die bislang unaufgelösten Widersprüche zur Entscheidung des VIII. Zivilsenates zur Unwirksamkeit der Erhebung einer "Verwaltungskostenpauschale" dahinstehen (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2018 - VIII ZR 254/17), sondern auch die mit Blick auf die §§ 305c Abs. 1 und 2, 307 BGB dagegen erhobenen Auslegungs- und Wertungszweifel. Denn in dem vom VIII. Zivilsenat beurteilten Sachverhalt hatten die Vertragsparteien im unmittelbaren vertragssystematischen Zusammenhang mit dem Ausweis einer monatlichen Grundmiete einen ebenso monatlich zu entrichtenden "Zuschlag Schönheitsreparaturen" vereinbart. Aus diesem Grunde erscheint das dort gefundene Auslegungsergebnis, der monatlich erhobene Zuschlag sei Bestandteil der monatlichen Grundmiete, zwar nicht zwingend als zutreffend, so doch jedenfalls als nicht unvertretbar.

Hier indes liegt der Sachverhalt in entscheidender Hinsicht anders: Die Pflicht zur quotalen Abgeltung noch nicht fälliger Schönheitsreparaturen steht weder im systematischen Regelungszusammenhang mit der Vereinbarung zur monatlich zu entrichtenden Grundmiete noch ist sie von den Parteien überhaupt als eine monatlich zu leistende (Zuschlags-)Zahlung vereinbart worden. Die Abgeltung war vielmehr erst am Ende des Mietverhältnisses und noch dazu als Einmalzahlung zu bewirken, ohne dass die Parteien - anders als etwa bei der Vereinbarung zusätzlich zur monatlichen Grundmiete zu erbringender monatlicher Nebenkostenvorauszahlungen und einer späteren Abrechnungspflicht des Vermieters - einen wie auch immer gearteten Zusammenhang zwischen beiden Zahlungspfllichten hergestellt hätten oder hätte herstellen wollen.

Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen, um eine höchstrichterliche Klärung der (Un-)Wirksamkeit) individualvertraglicher Quotenabgeltungsklauseln zu ermöglichen.

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