Streit um Betriebskostenabrechnung für einen Supermarkt
AG Hamburg v. 26.6.2024 - 49 C 635/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist seit 2007 die Vermieterin der Beklagten über ein Gewerbeobjekt in Hamburg, in dem die Beklagte einen Supermarkt betreibt. Bei Vertragsabschluss wurde ein Mietvertragsformular des Konzerns benutzt, zu dem die Beklagte gehört. Dieser enthält unter den Allgemeinen Bestimmungen des Teils B unter Ziff. 5. eine Regelung zu "Mietnebenkosten". Danach ist der Betrieb der separaten Heizung Aufgabe des Mieters, wobei der Mieter die in seinen Mieträumen anfallenden Energiekosten übernimmt. Entsprechendes ist in Teil B für den Stromverbrauch geregelt. Unter Ziff. 5. d) bis f) sind ferner als umlagefähig vereinbart die Kosten für öffentliche Straßenreinigung und Kaminreinigung entsprechend dem Verhältnis der angemieteten Nutzflächen am Gesamtobjekt, die Umlagefähigkeit der Müllabfuhrgebühren nach dem Anfall der Müllbehälter, die Kosten der erforderlichen Schnee- und Eisbeseitigungsmaßnahmen, wobei hier eine Pauschale vereinbart werden sollte.
Unter Ziff. 5. g) ist für die Abrechnung folgende Regelung vorgesehen:
"Die Kosten nach einer Abrechnung mit den entsprechenden Belegen (Produkt-PIN) erfolgt jeweils zum 30.6. oder 31.12. eines Kalenderjahres. Sie ist dem Mieter innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode zuzustellen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung von Nachforderungen durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, etwaige Verzögerungen sind nicht vom Vermieter zu vertreten. Der Vermieter hat die Verzögerungsgründe innerhalb der vorgenannten Frist dem Mieter unter Beifügung geeigneter Belege mitzuteilen. Ansprüche aus einer ordnungsgemäßen Abrechnung kann der Vermieter innerhalb von 2 Jahren geltend machen. Ansprüche des Mieters bleiben hiervon unberührt."
Die Klägerin war der Ansicht, dass die Beklagte ihr aus der Betriebskostenabrechnung 2019 noch 2.170 € schulde. Insoweit seien auch die Kosten der Wartung der Lüftungsanlage und der Gasheizung umlagefähig, wie sich aus der Unterschrift der Ziff. 5. der Allgemeinen Bestimmungen b) ergebe, die "Mietnebenkosten" laute. Die Beklagte wies darauf hin, dass sie auf die Nachforderung für das Jahr 2019 einen Betrag i.H.v. 1.744 € gezahlt habe. Zudem fehle es an einer Umlagevereinbarung im Bezug auf die streitgegenständlichen Wartungskosten und die Geltendmachung sei ausweislich der Ziff. 5. g) der Allgemeinen Bestimmungen zu spät erfolgt.
Das AG hat die Klage auf Zahlung der 2.170 € vollständig abgewiesen.
Die Gründe:
Zwar stand dem Klaganspruch nicht entgegen, dass die Abrechnungen der Jahre 2018 bis 2020 nicht innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode der Beklagten jeweils zugestellt worden war. Denn die diesbezügliche mietvertragliche Klausel verstößt gegen § 307 BGB und ist insoweit unwirksam.
Zwar sieht die Klausel vor, dass der Vermieter dann nicht mit Nachforderungen ausgeschlossen ist, wenn etwaige Verzögerungen nicht von ihm zu vertreten sind. Allerdings ergibt sich aus der nachfolgenden Mitteilungspflicht, nach der der Vermieter die Verzögerungsgründe innerhalb der Frist dem Mieter unter Beifügung geeigneter Belege mitzuteilen hat, letztlich das gleiche Ergebnis. Insoweit gilt auch im unternehmerischen Bereich der Grundsatz, dass Unklarheiten zu Lasten des Verwenders gehen, § 305 c BGB. Die Klausel ist nach Wortlaut und Zweck dahingehend zu verstehen, dass die unterbliebene Mitteilung der Verzögerungsgründe einem Anspruch entgegenzustehen vermag.
Unerheblich war, ob eine Abrechnungsfrist von 6 Monaten ebenfalls der Wirksamkeit der Klausel entgegenzustehen vermag. Hierfür sprach allerdings, dass bei einer Abrechnung nach dem Leistungsprinzip, so wie dies bei der Umlage von Heizkosten und Warmwasserkosten zwingend ist, eine Abrechnung erst nach Vorliegen der Abrechnung des Versorgers möglich ist, die innerhalb eines solchen Zeitraumes regelmäßig noch nicht vorliegt.
Die Klage war dennoch nicht begründet, da die Beklagte auf die Nachforderung für das Jahr 2019 einen Betrag i.H.v. 1.744 € gezahlt hatte, so dass der Anspruch aus der Abrechnung insoweit durch Erfüllung erloschen war, § 362 BGB. Im Übrigen waren die Kürzungen der Beklagten im Bezug auf die Wartungskosten der Heizungsanlage und die Wartungskosten der Lüftungsanlage gerechtfertigt, da es an einer entsprechenden Umlagevereinbarung fehlte.
Bei den Wartungskosten der Lüftungsanlage, bei der es sich üblicherweise um eine Klimaanlage handelt, was auch der Nutzung durch die Beklagten als Supermarktfläche entsprechen würde, handelt es sich um "sonstige Betriebskosten" i.S.d. Betriebskostenverordnung, dort § 2 Ziff. 17. Die Mieterin ist zu einem Einbehalt auch ohne vorherige Belegeinsicht berechtigt, wenn sich die entsprechenden berechtigten Einwendungen bereits aus der Abrechnung ergeben und insoweit eine Aufklärung durch die Belegeinsicht nicht erforderlich ist.
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Landesrecht Hamburg
Die Klägerin ist seit 2007 die Vermieterin der Beklagten über ein Gewerbeobjekt in Hamburg, in dem die Beklagte einen Supermarkt betreibt. Bei Vertragsabschluss wurde ein Mietvertragsformular des Konzerns benutzt, zu dem die Beklagte gehört. Dieser enthält unter den Allgemeinen Bestimmungen des Teils B unter Ziff. 5. eine Regelung zu "Mietnebenkosten". Danach ist der Betrieb der separaten Heizung Aufgabe des Mieters, wobei der Mieter die in seinen Mieträumen anfallenden Energiekosten übernimmt. Entsprechendes ist in Teil B für den Stromverbrauch geregelt. Unter Ziff. 5. d) bis f) sind ferner als umlagefähig vereinbart die Kosten für öffentliche Straßenreinigung und Kaminreinigung entsprechend dem Verhältnis der angemieteten Nutzflächen am Gesamtobjekt, die Umlagefähigkeit der Müllabfuhrgebühren nach dem Anfall der Müllbehälter, die Kosten der erforderlichen Schnee- und Eisbeseitigungsmaßnahmen, wobei hier eine Pauschale vereinbart werden sollte.
Unter Ziff. 5. g) ist für die Abrechnung folgende Regelung vorgesehen:
"Die Kosten nach einer Abrechnung mit den entsprechenden Belegen (Produkt-PIN) erfolgt jeweils zum 30.6. oder 31.12. eines Kalenderjahres. Sie ist dem Mieter innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode zuzustellen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung von Nachforderungen durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, etwaige Verzögerungen sind nicht vom Vermieter zu vertreten. Der Vermieter hat die Verzögerungsgründe innerhalb der vorgenannten Frist dem Mieter unter Beifügung geeigneter Belege mitzuteilen. Ansprüche aus einer ordnungsgemäßen Abrechnung kann der Vermieter innerhalb von 2 Jahren geltend machen. Ansprüche des Mieters bleiben hiervon unberührt."
Die Klägerin war der Ansicht, dass die Beklagte ihr aus der Betriebskostenabrechnung 2019 noch 2.170 € schulde. Insoweit seien auch die Kosten der Wartung der Lüftungsanlage und der Gasheizung umlagefähig, wie sich aus der Unterschrift der Ziff. 5. der Allgemeinen Bestimmungen b) ergebe, die "Mietnebenkosten" laute. Die Beklagte wies darauf hin, dass sie auf die Nachforderung für das Jahr 2019 einen Betrag i.H.v. 1.744 € gezahlt habe. Zudem fehle es an einer Umlagevereinbarung im Bezug auf die streitgegenständlichen Wartungskosten und die Geltendmachung sei ausweislich der Ziff. 5. g) der Allgemeinen Bestimmungen zu spät erfolgt.
Das AG hat die Klage auf Zahlung der 2.170 € vollständig abgewiesen.
Die Gründe:
Zwar stand dem Klaganspruch nicht entgegen, dass die Abrechnungen der Jahre 2018 bis 2020 nicht innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode der Beklagten jeweils zugestellt worden war. Denn die diesbezügliche mietvertragliche Klausel verstößt gegen § 307 BGB und ist insoweit unwirksam.
Zwar sieht die Klausel vor, dass der Vermieter dann nicht mit Nachforderungen ausgeschlossen ist, wenn etwaige Verzögerungen nicht von ihm zu vertreten sind. Allerdings ergibt sich aus der nachfolgenden Mitteilungspflicht, nach der der Vermieter die Verzögerungsgründe innerhalb der Frist dem Mieter unter Beifügung geeigneter Belege mitzuteilen hat, letztlich das gleiche Ergebnis. Insoweit gilt auch im unternehmerischen Bereich der Grundsatz, dass Unklarheiten zu Lasten des Verwenders gehen, § 305 c BGB. Die Klausel ist nach Wortlaut und Zweck dahingehend zu verstehen, dass die unterbliebene Mitteilung der Verzögerungsgründe einem Anspruch entgegenzustehen vermag.
Unerheblich war, ob eine Abrechnungsfrist von 6 Monaten ebenfalls der Wirksamkeit der Klausel entgegenzustehen vermag. Hierfür sprach allerdings, dass bei einer Abrechnung nach dem Leistungsprinzip, so wie dies bei der Umlage von Heizkosten und Warmwasserkosten zwingend ist, eine Abrechnung erst nach Vorliegen der Abrechnung des Versorgers möglich ist, die innerhalb eines solchen Zeitraumes regelmäßig noch nicht vorliegt.
Die Klage war dennoch nicht begründet, da die Beklagte auf die Nachforderung für das Jahr 2019 einen Betrag i.H.v. 1.744 € gezahlt hatte, so dass der Anspruch aus der Abrechnung insoweit durch Erfüllung erloschen war, § 362 BGB. Im Übrigen waren die Kürzungen der Beklagten im Bezug auf die Wartungskosten der Heizungsanlage und die Wartungskosten der Lüftungsanlage gerechtfertigt, da es an einer entsprechenden Umlagevereinbarung fehlte.
Bei den Wartungskosten der Lüftungsanlage, bei der es sich üblicherweise um eine Klimaanlage handelt, was auch der Nutzung durch die Beklagten als Supermarktfläche entsprechen würde, handelt es sich um "sonstige Betriebskosten" i.S.d. Betriebskostenverordnung, dort § 2 Ziff. 17. Die Mieterin ist zu einem Einbehalt auch ohne vorherige Belegeinsicht berechtigt, wenn sich die entsprechenden berechtigten Einwendungen bereits aus der Abrechnung ergeben und insoweit eine Aufklärung durch die Belegeinsicht nicht erforderlich ist.
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