08.01.2025

Telefonisch vereinbarte Zusatzvergütung eines Rechtsanwalts nach Abschluss des Mandats unwirksam

Der vereinzelt in der Literatur vertretenen Auffassung, dass es ohne Einhaltung von irgendwelchen Formalien möglich sein müsse, mit dem Mandanten nach Abschluss des Mandats einen wie auch immer gestalteten Zuschlag oder Bonus zu vereinbaren, vermochte sich die Kammer nicht anzuschließen. Die Schutzbedürftigkeit des Mandanten mag zwar nach Abschluss des Mandats geringer sein, sie entfällt aber aufgrund der grundsätzlich überlegenden Erfahrung des Rechtsanwalts bei solchen Verhandlungen nicht vollständig.

LG Koblenz v. 18.12.2024 - 15 O 97/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin wurde durch die beklagte Rechtsanwaltskanzlei außergerichtlich in einer Schadens- und Schmerzensgeldsache vertreten. Bei Mandatserteilung hatten die Parteien eine weitere schriftliche Vereinbarung die mit "Zusatzvereinbarung zur anwaltlichen Vergütung" überschrieben war, geschlossen. Darin hieß es u.a.: "Die Parteien sind sich einig, dass im Falle des Erfolgs, die Frage einer zusätzlichen, über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Vergütung noch einmal besprochen wird."

Im Rahmen der außergerichtlichen Verhandlungen schloss die Beklagte für die Klägerin einen Vergleich ab, nach dem diese 150.000 € erhalten sollte. Nach Zahlungseingang kam es zu einem Telefonat zwischen der Klägerin und der Beklagten, in dem über die Zahlung einer freiwilligen zusätzlichen Vergütung gesprochen wurde, wobei jedoch der genaue Inhalt des Gesprächs zwischen den Parteien streitig blieb. Die Beklagte stellte der Klägerin sodann eine "Erfolgsunabhängige Vergütung, Vergütungsvereinbarung § 3a RVG, §§ 4, 3a RVG" über einen Betrag von 20.000 € zzgl. 19% Mehrwertsteuer, insgesamt somit 23.800 € in Rechnung. Sie kehrte lediglich den verbleibenden Zahlbetrag von 126.200 € an die Klägerin aus.

Die Klägerin forderte daraufhin erfolglos von der Beklagten die Überweisung der restlichen 23.800 €. Sie war der Ansicht, dass keine wirksame Vertragsgrundlage für den Abzug vorgelegen habe. Die Beklagte behauptete, dass die Parteien in dem Telefonat eine keinerlei Formvorschriften unterliegende Bonusvereinbarung getroffen hätten. Die Klägerin habe Kenntnis davon gehabt, dass die Beklagten keinen Rechtsanspruch auf eine Bonuszahlung habe und sich trotzdem mit einer solchen einverstanden erklärt.

Das LG hat der Zahlungsklage vollumfänglich stattgegeben.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auszahlung der übrigen 23.800 €, weil die von der Beklagten behauptete Vereinbarung aufgrund eines Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 3a RVG nicht formwirksam zustande gekommen war.

Bereits dem Wortlaut und Wortsinn nach lag hier eine Vergütungsvereinbarung vor, da mit dieser Vereinbarung die Beklagte für ihre erbrachte anwaltliche Tätigkeit (wenn auch zusätzlich) entlohnt, mithin vergütet werden sollte. Die Beklagte hatte selbst u.a. in der von ihr vorformulierten "Zusatzvereinbarung zur anwaltlichen Vergütung" sowie der Kostenrechnung stets das Wort "Vergütung" benutzt. Zudem verwendet das Gesetz den Begriff "Vergütungsvereinbarung" dann, wenn eine höhere oder eine niedrigere als die gesetzlich festgelegte Vergütung zwischen Anwalt und Mandant vereinbart werden soll. Somit galt der § 3a RVG, wovon die Beklagte im Übrigen wohl selbst ausgegangen war, denn mit ihrer Kostenrechnung hatte sie eine "Erfolgsunabhängige Vergütung, Vergütungsvereinbarung § 3a RVG, §§ 4, 3a RVG" in Rechnung gestellt.

Für die abgeschlossene Vereinbarung galt somit das Formerfordernis der Textform, wovon auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht abgewichen werden konnte. Der vereinzelt in der Literatur vertretenen Auffassung, dass es ohne Einhaltung von irgendwelchen Formalien möglich sein müsse, mit dem Mandanten nach Abschluss des Mandats einen wie auch immer gestalteten Zuschlag oder Bonus zu vereinbaren, vermochte sich die Kammer nicht anzuschließen. Die unterschiedliche Situation zu Beginn und nach Abschluss des Mandats vermochte ein Abweichen von der Formvorschrift nicht zu begründen. Die Schutzbedürftigkeit des Mandanten mag zwar nach Abschluss des Mandats geringer sein, sie entfällt aber aufgrund der grundsätzlich überlegenden Erfahrung des Rechtsanwalts bei solchen Verhandlungen nicht vollständig.

Die Klägerin verstieß dadurch, dass sie sich auf die Formunwirksamkeit berufen hatte, nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Formmangel eines Rechtsgeschäfts ist nur ganz ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich, weil sonst die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts ausgehöhlt würden. Eine solche Ausnahme lag hier jedoch nicht vor. Infolgedessen ist die Beklagte gem. §§ 675, 667 BGB zur Herausgabe des einbehaltenen Fremdgeldes i.H.v. 23.800 € verpflichtet.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Zur Inhaltskontrolle einer anwaltlichen Zeithonorarabrede in AGB gegenüber Verbrauchern
BGH vom 12.9.2024 - IX ZR 65/23
ZIP 2024, 2348

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