25.10.2021

Unzulässige Rechtsbeschwerde wegen geltend gemachter Verletzung des Grundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes

Eine auf die Verletzung des Grundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gestützte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn es der Beschwerdeführer im Rahmen des vorinstanzlichen Rechtsmittels versäumt hat, eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern.

BGH v. 14.9.2021 - VI ZB 30/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem sog. Dieselskandal in Anspruch. Er erwarb im Dezember 2015 einen gebrauchten Pkw Skoda Yeti 1.6 TDI, in welchem ein Dieselmotor des Typs EA189 eingebaut ist, den die Beklagte hergestellt hat. Dieser Motor ist mit einer Prüfstanderkennungssoftware versehen. Der Kläger begehrt von der Beklagten Erstattung des Kaufpreises i.H.v. 21.400 € Zug um Zug gegen Übergabe des Pkws. Er behauptet, er habe in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware das Fahrzeug erworben, wodurch er einen wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen habe. Dies folge bereits daraus, dass kein verständiger Kunde ein Fahrzeug mit dieser Motorsteuerungssoftware erwerben würde, wenn die Beklagte ihn vor dem Kauf darauf hinweisen würde, dass die Software nicht gesetzeskonform sei und er deshalb ggf. mit Problemen für den Fall der Entdeckung der Manipulation durch das Kraftfahrtbundesamt rechnen müsse.

Das LG wies die Klage ab. Gegen dieses Urteil legte der Kläger fristgerecht Berufung ein. Unter Hinweis auf Urteile der LG Hildesheim und Offenburg macht er geltend, dass ihm die Beklagte in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise gemäß § 826 BGB vorsätzlich Schaden zugefügt habe. Die schädigende Handlung sei der Beklagten auch zuzurechnen. Außerdem habe das LG auch ein Urteil des LG Kleve nicht berücksichtigt, danach seien die dem Kläger zustehenden Schadensersatzansprüche auch auf die Vorschriften der §§ 826, 249 ff. BGB und § 823 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu stützen.

Das OLG verwarf die Berufung als unzulässig, da ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO genüge. An einer auf den konkreten Sachverhalt zugeschnittenen Berufungsbegründung fehle es hier. Die Begründung beschränke sich darauf, Urteile anderer Landgerichte zu zitieren, wonach es sich bei der eingebauten Software um eine verbotene Abschalteinrichtung handele, was Ansprüche gem. § 823 Abs. 2, § 826 BGB rechtfertige. Dabei verkenne die Berufung, dass das LG diese Fragen überhaupt nicht anders beurteilt habe als der Kläger. Ein Rechtsfehler werde insoweit nicht aufgezeigt. Nicht angegriffen worden sei die einzige Begründung des LG für die Abweisung der Klage, wonach der Kläger zum Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs von dem behaupteten Mangel Kenntnis gehabt habe. Eine Täuschung sei damit ebenso ausgeschlossen wie eine sittenwidrige Schädigung. Hierauf sei der Kläger hingewiesen worden. Die darauf eingegangene Stellungnahme rechtfertige keine andere Beurteilung. Soweit mit ihr vorgetragen werde, das LG habe zu Unrecht eine Kenntnis des Klägers angenommen, hätte dies innerhalb der Berufungsbegründungsfrist gerügt werden müssen.

Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, nicht erfüllt sind. Insbesondere ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erforderlich.

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Zu der Darlegung der Rechtsverletzung gehört die aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche Gründe er ihnen entgegensetzt. Ob die Berufungsbegründung des Klägers insoweit den Anforderungen noch gerecht wird, muss nicht entschieden werden. Der Geltendmachung der etwaigen Verletzung des Grundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtschutzes steht jedenfalls der Grundsatz der Subsidiarität entgegen.

Der Subsidiaritätsgrundsatz fordert, dass ein Beteiligter über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine solche zu verhindern. Dieser Grundsatz ist nicht auf das Verhältnis zwischen Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit beschränkt, sondern gilt auch im Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren. Denn einer Revision kommt bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten auch die Funktion zu, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen. Daher sind für ihre Beurteilung die gleichen Voraussetzungen maßgebend, die nach der Rechtsprechung des BVerfG zum Erfolg einer Verfassungsbeschwerde führten. Nichts Anderes kann für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten.

Gemessen daran hat es der Kläger versäumt, in seiner Stellungnahme auf den Hinweisbeschluss die drohende Nichtberücksichtigung seiner Ausführungen in der Berufungsbegründung zu weiteren Anspruchsgrundlagen zu rügen.
BGH online
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