Unzulässige Wiederholung der aus sachlichen Gründen zurückgewiesenen sofortigen Beschwerde
BGH v. 13.1.2022 - I ZB 30/21
Der Sachverhalt:
Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen zweier Kostenrechnungen aus einem Strafverfahren und beantragte die Abnahme der Vermögensauskunft sowie den Erlass eines Haftbefehls, sollte der Schuldner dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleiben oder sich weigern, die Vermögensauskunft zu erteilen. Die Gerichtsvollzieherin lud den Schuldner zunächst für den 15.5.2018 zur Abgabe der Vermögensauskunft. Nachdem die Zwangsvollstreckung zwischenzeitlich einstweilen eingestellt worden war, beraumte die Gerichtsvollzieherin mit der dem Schuldner am 21.8.2019 zugestellten Ladung einen neuen Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf den 5.9.2019 an. Der Schuldner erschien zu diesem Termin nicht.
Das AG erließ am 12.9.2019 gegen den Schuldner Haftbefehl nach § 802g Abs. 1 ZPO und führte zur Begründung aus, der Schuldner sei in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmten Termin am 15.5.2018 ohne ausreichende Entschuldigung nicht erschienen. Dagegen legte der Schuldner am 12.11.2019 sofortige Beschwerde ein. Wie und wann er zuvor Kenntnis von der Existenz des Haftbefehls erhalten hat, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Das Beschwerdegericht wies die sofortige Beschwerde gegen den Haftbefehl nach Nichtabhilfe durch das AG mit Beschluss vom 15.9.2020 zurück.
Am 14.1.2021 wurde der Haftbefehl dem Schuldner ausgehändigt, der am selben Tag (erneut) sofortige Beschwerde einlegte. Das AG half der sofortigen Beschwerde nicht ab. Das versehentlich in den Gründen des Haftbefehls übernommene falsche Terminsdatum ändere nichts daran, dass die Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls vorgelegen hätten. Mit dem angefochtenen Beschluss hob das LG den Haftbefehl auf und fasste ihn dahingehend neu, dass das Datum des Termins zur Abgabe der Vermögensauskunft statt auf den 15.5.2018 auf den 5.9.2019 lautet.
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwarf die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 14.1.2021 gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Kiel vom 12.9.2019 als unzulässig.
Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Verwerfung der sofortigen Beschwerde des Schuldners gegen den Haftbefehl als unzulässig.
Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde hat das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen, weil es im Falle ihrer Unzulässigkeit an einem gültigen und rechtswirksamen Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht fehlt. War die sofortige Beschwerde statthaft, aber unzulässig, hat das Beschwerdegericht sie jedoch sachlich beschieden, ist diese Entscheidung auf eine zulässige Rechtsbeschwerde hin aufzuheben und die sofortige Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. So liegt es im Streitfall. Die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 14.1.2021 gegen den nach § 802g Abs. 1 ZPO erlassenen Haftbefehl war zwar gem. §§ 793, 567 ZPO statthaft. Sie war aber unzulässig, weil das LG mit Beschluss vom 15.9.2020 bereits über die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 12.11.2019 gegen den Haftbefehl entschieden hatte. Seine erneute sofortige Beschwerde war deshalb unzulässig.
Der Schuldner hat den Haftbefehl mit seiner (ersten) sofortigen Beschwerde vom 12.11.2019 wirksam angefochten. Dem steht nicht entgegen, dass ihm zu diesem Zeitpunkt eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls weder zugestellt noch übergeben worden war. Eine Beschwerde ist bereits dann zulässig, wenn der Haftbefehl mit Hinausgabe aus dem Geschäftsbetrieb des Gerichts existent geworden ist. Das LG hat mit seiner Entscheidung vom 15.9.2020 die (erste) sofortige Beschwerde des Schuldners aus sachlichen Gründen zurückgewiesen. Die Wiederholung der sofortigen Beschwerde ist in diesem Fall unzulässig. Dem steht nicht entgegen, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Einlegung der ersten sofortigen Beschwerde keine genaue Kenntnis vom Inhalt des Haftbefehls hatte. Er hätte sich diese Kenntnis durch Akteneinsicht gem. § 299 Abs. 1 ZPO vor Einlegung der sofortigen Beschwerde beschaffen können.
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Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen zweier Kostenrechnungen aus einem Strafverfahren und beantragte die Abnahme der Vermögensauskunft sowie den Erlass eines Haftbefehls, sollte der Schuldner dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleiben oder sich weigern, die Vermögensauskunft zu erteilen. Die Gerichtsvollzieherin lud den Schuldner zunächst für den 15.5.2018 zur Abgabe der Vermögensauskunft. Nachdem die Zwangsvollstreckung zwischenzeitlich einstweilen eingestellt worden war, beraumte die Gerichtsvollzieherin mit der dem Schuldner am 21.8.2019 zugestellten Ladung einen neuen Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf den 5.9.2019 an. Der Schuldner erschien zu diesem Termin nicht.
Das AG erließ am 12.9.2019 gegen den Schuldner Haftbefehl nach § 802g Abs. 1 ZPO und führte zur Begründung aus, der Schuldner sei in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmten Termin am 15.5.2018 ohne ausreichende Entschuldigung nicht erschienen. Dagegen legte der Schuldner am 12.11.2019 sofortige Beschwerde ein. Wie und wann er zuvor Kenntnis von der Existenz des Haftbefehls erhalten hat, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Das Beschwerdegericht wies die sofortige Beschwerde gegen den Haftbefehl nach Nichtabhilfe durch das AG mit Beschluss vom 15.9.2020 zurück.
Am 14.1.2021 wurde der Haftbefehl dem Schuldner ausgehändigt, der am selben Tag (erneut) sofortige Beschwerde einlegte. Das AG half der sofortigen Beschwerde nicht ab. Das versehentlich in den Gründen des Haftbefehls übernommene falsche Terminsdatum ändere nichts daran, dass die Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls vorgelegen hätten. Mit dem angefochtenen Beschluss hob das LG den Haftbefehl auf und fasste ihn dahingehend neu, dass das Datum des Termins zur Abgabe der Vermögensauskunft statt auf den 15.5.2018 auf den 5.9.2019 lautet.
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwarf die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 14.1.2021 gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Kiel vom 12.9.2019 als unzulässig.
Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Verwerfung der sofortigen Beschwerde des Schuldners gegen den Haftbefehl als unzulässig.
Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde hat das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen, weil es im Falle ihrer Unzulässigkeit an einem gültigen und rechtswirksamen Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht fehlt. War die sofortige Beschwerde statthaft, aber unzulässig, hat das Beschwerdegericht sie jedoch sachlich beschieden, ist diese Entscheidung auf eine zulässige Rechtsbeschwerde hin aufzuheben und die sofortige Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. So liegt es im Streitfall. Die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 14.1.2021 gegen den nach § 802g Abs. 1 ZPO erlassenen Haftbefehl war zwar gem. §§ 793, 567 ZPO statthaft. Sie war aber unzulässig, weil das LG mit Beschluss vom 15.9.2020 bereits über die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 12.11.2019 gegen den Haftbefehl entschieden hatte. Seine erneute sofortige Beschwerde war deshalb unzulässig.
Der Schuldner hat den Haftbefehl mit seiner (ersten) sofortigen Beschwerde vom 12.11.2019 wirksam angefochten. Dem steht nicht entgegen, dass ihm zu diesem Zeitpunkt eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls weder zugestellt noch übergeben worden war. Eine Beschwerde ist bereits dann zulässig, wenn der Haftbefehl mit Hinausgabe aus dem Geschäftsbetrieb des Gerichts existent geworden ist. Das LG hat mit seiner Entscheidung vom 15.9.2020 die (erste) sofortige Beschwerde des Schuldners aus sachlichen Gründen zurückgewiesen. Die Wiederholung der sofortigen Beschwerde ist in diesem Fall unzulässig. Dem steht nicht entgegen, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Einlegung der ersten sofortigen Beschwerde keine genaue Kenntnis vom Inhalt des Haftbefehls hatte. Er hätte sich diese Kenntnis durch Akteneinsicht gem. § 299 Abs. 1 ZPO vor Einlegung der sofortigen Beschwerde beschaffen können.
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