18.09.2023

Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Bestellung eines Prozesspflegers für die GmbH

Das OLG Bremen hatte sich mit der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen eine Prozesspflegerbestellung zu befassen. Dabei ließ es offen, ob eine Verletzung des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf rechtliches Gehör geeignet ist, die ausnahmsweise Statthaftigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen Zwischenentscheidungen zu begründen, gegen die der Gesetzgeber ein Rechtsmittel nicht vorgesehen hat.

OLG Bremen v. 21.6.2023 - 2 W 31/23
Der Sachverhalt:
Der Nebenintervenient wendet sich gegen die Bestellung eines Prozesspflegers für die Beklagte. Die Klägerin ist Mitgesellschafterin und Mitgeschäftsführerin der beklagten Unternehmergesellschaft. Der Nebenintervenient ist der einzig weitere Gesellschafter und weitere Geschäftsführer der Beklagten.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Nichtigkeitsfeststellung diverser auf einer Gesellschafterversammlung vom 16.9.2022 getroffener Gesellschafterbeschlüsse, mit denen die Klägerin als Geschäftsführerin abberufen wird und der verbliebene Geschäftsführer, der Nebenintervenient, angewiesen wird, Stammeinlagen beizutreiben und die Klägerin auf Rückzahlung verschiedener Zahlungen sowie auf Auskunftserteilung in Anspruch zu nehmen.

Bereits mit Klageerhebung beantragte die Klägerin die Bestellung eines Prozesspflegers, weil die Beklagte in Ermangelung eines neben der Klägerin alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers ohne gesetzlichen Vertreter sei. Das LG bestellte einen Rechtsanwalt zum Prozesspfleger der Beklagten und stellte die Klage an den Prozesspfleger zu; dieser nahm die Klage am 31.3.2023 als zugestellt entgegen.

Der Nebenintervenient trat dem Rechtsstreit bei und beantragte Klageabweisung. Zugleich legte er gegen die Bestellung des Prozesspflegers sofortige Beschwerde ein. Der Nebenintervenient beanstandet, dass er vor Bestellung des Prozesspflegers hätte gehört werden müssen.

Das OLG hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen.

Die Gründe:
Die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten ist unzulässig, da sie nicht statthaft ist. Gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde statthaft gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen der Landgerichte, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. Die Regelungen zur Bestellung eines Prozesspflegers, die hier Gegenstand der Beschwerde ist, sehen eine solche Anfechtbarkeit der Bestellungsentscheidung nicht vor.

Ferner ist die sofortige Beschwerde gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, soweit in einer Entscheidung, die keine mündliche Verhandlung erfordert, ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Auch dies ist im Fall der Bestellung eines Prozesspflegers gemäß § 57 ZPO regelmäßig nicht der Fall. Zwar handelt es sich bei dem Antrag auf Bestellung des Prozesspflegers um ein Gesuch im Sinne des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, jedoch ist eine sofortige Beschwerde nur gegen die Ablehnung eines solchen Gesuchs eröffnet, nicht aber auch für den Fall, dass dem Gesuch des Antragstellers stattgegeben wurde. Auch wenn der Betroffene sich gegen eine solche Maßnahme wendete und einen Abweisungsantrag stellte, liegt in dessen Nichtberücksichtigung keine Ablehnung eines Gesuchs im Sinne des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, so dass die sofortige Beschwerde gegen die Bestellung eines Prozesspflegers regelmäßig unstatthaft ist.

Die sofortige Beschwerde gegen eine Prozesspflegerbestellung ist auch nicht ausnahmsweise statthaft, weil das LG Verfahrensgrundrechte der Beklagten verletzt hat.

Zwar liegt hier eine Gehörsverletzung vor: Der Akte ist nicht zu entnehmen, dass die Kammer für Handelssachen die Beklagte vor Erlass des Beschlusses vom 24.3.2023 angehört oder ihr auch nur den Antrag übermittelt hätte. Die Beklagte führt eine Geschäftsanschrift, an die eine solche Zuschrift hätte gerichtet werden können. Eine Anhörung der Beklagten war auch keinesfalls deshalb entbehrlich, weil die Klägerin behauptete, dass die Beklagte nicht gesetzlich vertreten sei. Vielmehr muss der Gegner Gelegenheit erhalten, zu dieser Darstellung Stellung nehmen zu können.

Es kann aber weiterhin offenbleiben, ob eine Verletzung des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf rechtliches Gehör geeignet ist, die ausnahmsweise Statthaftigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen Zwischenentscheidungen zu begründen, gegen die der Gesetzgeber ein Rechtsmittel nicht vorgesehen hat. Denn für eine verfassungsrechtlich veranlasste gesetzeserweiternde Auslegung der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Bestellung eines Prozesspflegers besteht zumindest in einer Konstellation wie hier kein hinreichender Anlass, weil die Bestellung des Prozesspflegers für das weitere Verfahren nicht bindend ist und die hier betroffene Partei jederzeit die Überprüfung dieser Bestellung begehren kann.

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Link zum Volltext der Entscheidung

Rechtsprechung:
GmbH: Anfechtung der Bestellung eines Prozesspflegers
OLG Bremen vom 21.06.2023 - 2 W 31/23
MDR 2023, 1126

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