Urteile in den Schadensersatzprozessen um die Ludwigshafener Gasexplosion
OLG Zweibrücken v. 29.11.2022 - 1 U 218/21 u.a.
Der Sachverhalt:
Am 23.10.2014 war es bei Tiefbauarbeiten in Ludwigshafen/Oppau zur Beschädigung einer Gasleitung mit anschließender Explosion und einer über 100 Meter hohen Flammensäule gekommen. Hierbei wurden zwei Bauarbeiter getötet und weitere wurden verletzt. Zwei Berufsgenossenschaften leisteten v.a. Verletztenrente und Hinterbliebenengeld an diese Bauarbeiter bzw. deren Angehörige. Diese Leistungen verlangten sie sodann von der Betreiberin der Gasleitung und deren Mitarbeitern, aber auch von den beteiligten Bauunternehmen und deren leitenden Mitarbeitern ersetzt.
Die Betreiberin hatte die Freilegung der Gasleitung in Auftrag gegeben, um diese an einer Schwachstelle zu reparieren. Zum Auffinden der Leitung wurden von Arbeitern beider Bauunternehmen maschinelle Suchschachtungen durchgeführt. Hierbei verließen sich die Bauarbeiter auf einen digitalen Leitungsplan. Bei dessen Erstellung - etwa 15 Jahre vor dem Unglück - war es allerdings zu Übertragungsfehlern gekommen, was den Bauunternehmen unbekannt war. Tatsächlich verlief die Gasleitung 1,5 Meter neben der im Plan eingezeichneten Stelle. Genau dort wurden am 23.10.2014 Spundungen durchgeführt, bei denen es zur Explosion kam.
In der ersten Instanz entschied das LG, dass die beiden Bauunternehmen und deren Mitarbeiter nicht haften, da sie von einer sozialrechtlichen Haftungsprivilegierung profitieren; nach dieser wird bei betrieblichen Unfällen nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit gehaftet. Die Betreiberin der Gasleitung hingegen wurde mit einer Haftungsquote von 85 % verurteilt; diese Haftungsbeschränkung ergebe sich als Folge des sozialrechtlichen Haftungsprivilegs zugunsten der Bauunternehmen.
Auf die hiergegen gerichteten Berufungen hat das OLG bestätigt, dass die beiden Bauunternehmen und deren Mitarbeiter nicht haften. Gegen diese Entscheidung wurde Revision zum BGH eingelegt.
Die Gründe:
Den Bauunternehmen und deren Mitarbeitern ist schon kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen, so dass es auf das sozialrechtliche Haftungsprivileg nicht ankommt. Die Betreiberin der Gasleitung haftet deshalb nicht nur eingeschränkt, sondern zu 100 %. Diese Haftung ergibt sich aus dem Umstand, dass sie mit der Gasleitung eine gefährliche Anlage unterhält. Deren Risiken hatten sich im Unglücksfall gerade verwirklicht, indem Gas aus der Leitung ausgetreten war, das sich sodann entzündete.
OLG Zweibrücken v. 29.11.2022 - 1 U 218/21 und
OLG Zweibrücken v. 11.1.2023 - 1 U 210/21
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Anmerkung:
Ein Parallelverfahren wurde nunmehr vom OLG Zweibrücken ebenfalls in diesem Sinne mit Urteil entschieden. Ein Mitarbeiter des die Schachtungsarbeiten ausführenden Bauunternehmens verklagte die Gasleitungsbetreiberin in diesem Prozess auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Klage des Bauarbeiters war vor dem LG im Wesentlichen erfolgreich und das OLG hat die Berufung der Gasleitungsbetreiberin hiergegen unter Verweis auf deren alleinige Haftung zurückgewiesen. Die Frist zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH läuft für dieses Urteil noch.
OLG Zweibrücken v. 28.6.2023 - 7 U 106/21
OLG Zweibrücken PM vom 11.7.2023
Am 23.10.2014 war es bei Tiefbauarbeiten in Ludwigshafen/Oppau zur Beschädigung einer Gasleitung mit anschließender Explosion und einer über 100 Meter hohen Flammensäule gekommen. Hierbei wurden zwei Bauarbeiter getötet und weitere wurden verletzt. Zwei Berufsgenossenschaften leisteten v.a. Verletztenrente und Hinterbliebenengeld an diese Bauarbeiter bzw. deren Angehörige. Diese Leistungen verlangten sie sodann von der Betreiberin der Gasleitung und deren Mitarbeitern, aber auch von den beteiligten Bauunternehmen und deren leitenden Mitarbeitern ersetzt.
Die Betreiberin hatte die Freilegung der Gasleitung in Auftrag gegeben, um diese an einer Schwachstelle zu reparieren. Zum Auffinden der Leitung wurden von Arbeitern beider Bauunternehmen maschinelle Suchschachtungen durchgeführt. Hierbei verließen sich die Bauarbeiter auf einen digitalen Leitungsplan. Bei dessen Erstellung - etwa 15 Jahre vor dem Unglück - war es allerdings zu Übertragungsfehlern gekommen, was den Bauunternehmen unbekannt war. Tatsächlich verlief die Gasleitung 1,5 Meter neben der im Plan eingezeichneten Stelle. Genau dort wurden am 23.10.2014 Spundungen durchgeführt, bei denen es zur Explosion kam.
In der ersten Instanz entschied das LG, dass die beiden Bauunternehmen und deren Mitarbeiter nicht haften, da sie von einer sozialrechtlichen Haftungsprivilegierung profitieren; nach dieser wird bei betrieblichen Unfällen nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit gehaftet. Die Betreiberin der Gasleitung hingegen wurde mit einer Haftungsquote von 85 % verurteilt; diese Haftungsbeschränkung ergebe sich als Folge des sozialrechtlichen Haftungsprivilegs zugunsten der Bauunternehmen.
Auf die hiergegen gerichteten Berufungen hat das OLG bestätigt, dass die beiden Bauunternehmen und deren Mitarbeiter nicht haften. Gegen diese Entscheidung wurde Revision zum BGH eingelegt.
Die Gründe:
Den Bauunternehmen und deren Mitarbeitern ist schon kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen, so dass es auf das sozialrechtliche Haftungsprivileg nicht ankommt. Die Betreiberin der Gasleitung haftet deshalb nicht nur eingeschränkt, sondern zu 100 %. Diese Haftung ergibt sich aus dem Umstand, dass sie mit der Gasleitung eine gefährliche Anlage unterhält. Deren Risiken hatten sich im Unglücksfall gerade verwirklicht, indem Gas aus der Leitung ausgetreten war, das sich sodann entzündete.
OLG Zweibrücken v. 29.11.2022 - 1 U 218/21 und
OLG Zweibrücken v. 11.1.2023 - 1 U 210/21
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Anmerkung:
Ein Parallelverfahren wurde nunmehr vom OLG Zweibrücken ebenfalls in diesem Sinne mit Urteil entschieden. Ein Mitarbeiter des die Schachtungsarbeiten ausführenden Bauunternehmens verklagte die Gasleitungsbetreiberin in diesem Prozess auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Klage des Bauarbeiters war vor dem LG im Wesentlichen erfolgreich und das OLG hat die Berufung der Gasleitungsbetreiberin hiergegen unter Verweis auf deren alleinige Haftung zurückgewiesen. Die Frist zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH läuft für dieses Urteil noch.
OLG Zweibrücken v. 28.6.2023 - 7 U 106/21
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