14.10.2024

Vermieterin diskriminiert Mieter und muss 11.000 € Entschädigung zahlen

Das LG Berlin II hat eine Wohnungsbaugesellschaft zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 11.000 € wegen einer Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verurteilt. Die Vermieterin habe den Mieter wegen seiner Behinderung diskriminiert, weil sie zu Unrecht zwei Jahre lang ihre Zustimmung zum Bau einer Rollstuhl-Rampe verweigert hatte.

LG Berlin II v. 30.9.2024 - 66 S 24/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger sitzt im Rollstuhl. Um sein Wohnhaus eigenständig verlassen oder betreten zu können, verlangten er und sein Ehemann von der Vermieterin die Zustimmung zum Bau einer Rampe. Die Vermieterin verweigerte diese, so dass die Frage in einem weiteren gerichtlichen Verfahren geklärt werden musste. Laut der dortigen Entscheidung des LG Berlin II musste die Vermieterin die Zustimmung zum Bau einer Rampe erteilen.

Im hiesigen Berufungsverfahren sprach das Gericht dem Mieter nun eine Entschädigung zu.

Die Gründe:
Die Vermieterin hat den Mieter aufgrund seiner Behinderung diskriminiert. Grundlage ist das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot nach § 19 AGG. Danach ist eine Benachteiligung, z.B. wegen einer Behinderung, auch in zivilrechtlichen Massengeschäften unzulässig. Vermietung von Wohnraum fällt darunter, sofern Vermieter insgesamt mehr als 50 Wohnungen vermieten, was vorliegend der Fall ist.

Da die Vermieterin die Zustimmung zum Bau der Rampe über zwei Jahre bis zur Entscheidung des LG verwehrte, hat sie den Mieter durch Unterlassen unmittelbar benachteiligt. Sie ist nach § 5 AGG verpflichtet gewesen, die Benachteiligung des Klägers durch positive Maßnahmen, z.B. die Erteilung der Zustimmung zum Bau einer Rampe, zu beseitigen. Dieser Handlungspflicht ist die Vermieterin nicht nachgekommen. Im Vergleich zu anderen Mietern ohne (körperliche) Behinderung ist ihm der Zugang zur Wohnung rechtswidrig versagt worden.

Die Höhe der Entschädigung begründet sich mit den gravierenden Folgen der Benachteiligung für den Kläger und dem Verhalten der Vermieterin. Diese handelte nicht problemorientiert, sondern verweigerte zwei Jahre lang hartnäckig die Zustimmung zum Bau der Rampe aus pauschalen Gründen, die nicht zu überzeugen vermochten. Ohne Hilfe Dritter war es dem Kläger nicht möglich, die vorhandenen sechs Treppenstufen zu überwinden und er konnte das Haus nicht spontan verlassen oder betreten. Er war dadurch in seiner Bewegungs- und Handlungsfreiheit stark eingeschränkt.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung/News:
Schadensersatzpflicht eines Vermieters bei schuldhafter Verursachung einer Notlage des Mieters
BGH vom 21.6.2023 - VIII ZR 303/21

Aufsatz:
Rechtsprechungsübersicht zum Wohnraummietrecht 2023
Markus Artz, MDR 2024, 1229

Beratermodul Mietrecht und WEG-Recht:
Die perfekte Datenbank zum Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht: Mit diesem spezifischen Beratermodul holen Sie das Beste für Ihre Mandanten heraus. Mit zahlreichen Formularen und Mustertexten. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO: Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Beratermodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
 
LG Berlin II PM Nr. 32 vom 11.10.2024
Zurück