12.04.2024

Voraussetzungen einer Ehegatteninnengesellschaft

Der BGH hat sich vorliegend mit den Voraussetzungen einer Ehegatteninnengesellschaft befasst (im Anschluss an BGH v. 3.2.2016 - XII ZR 29/13, FamRZ 2016, 965). Für das Zustandekommen einer solchen Ehegatteninnengesellschaft durch konkludenten Vertragsschluss kommt es maßgeblich darauf an, welche Zielvorstellungen die Ehegatten mit einer Vermögensbildung verfolgen, insbesondere ob sie mit ihrer Tätigkeit einen über die bloße Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck erreichen wollen, und ob ihrem Tun die Vorstellung zugrunde liegt, dass das gemeinsam geschaffene Vermögen wirtschaftlich betrachtet nicht nur dem formal Berechtigten, sondern auch dem anderen Ehegatten zustehen soll.

BGH v. 6.3.2024 - XII ZB 159/23
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller macht als mit der Nachtragsverteilung beauftragter früherer Insolvenzverwalter einen Anspruch des geschiedenen Ehemanns der Antragsgegnerin (Schuldner) auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens nach Auflösung einer etwaigen Ehegatteninnengesellschaft gegen die Antragsgegnerin geltend. Die Antragsgegnerin und der Schuldner waren verheiratet und lebten im Güterstand der Gütertrennung. Bei Eingehung der Ehe war der Schuldner alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der T. K. E. GmbH. Kurz bevor er im Jahr 2012 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen sowie einige Monate später über sein eigenes Vermögen stellte, gründete die Antragsgegnerin als Alleingesellschafterin die T. K. A. GmbH und übernahm deren Geschäftsführung. Der Schuldner war bei dieser Gesellschaft ab dem 3.9.2012 zu einem Bruttolohn von mtl. 1.950 € zzgl. Spesen als Verkehrsleiter angestellt. Sein Lohn wurde für die Zeit ab Juni 2014 auf mtl. 2.500 € brutto erhöht. Die Gewinne der Gesellschaft wurden ebenso wie das Gehalt der Antragsgegnerin und der Lohn des Schuldners auf ein Girokonto der Antragsgegnerin gezahlt, für das der Schuldner bis Dezember 2018 eine Kontovollmacht hatte.

Im Dezember 2018 trennten sich die Ehegatten. Wenig später wurde der mtl. Bruttolohn des Schuldners mit Wirkung ab Februar 2019 auf 7.300 € erhöht. Ebenfalls im Februar 2019 wurde dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt. Im September 2019 erklärte die Antragsgegnerin die fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Schuldners. Das über das Vermögen des Schuldners geführte Insolvenzverfahren wurde im Oktober 2019 aufgehoben. Im Dezember 2019 veräußerte die Antragsgegnerin die T. K. A. GmbH. Sie blieb dort aber weiterhin als Geschäftsführerin angestellt. Mit Blick auf einen möglichen Auseinandersetzungsanspruch des Schuldners nach Auflösung einer etwa zwischen den Ehegatten zustande gekommenen Ehegatteninnengesellschaft mit dem Zweck des gemeinsamen Betriebs der T. K. A. GmbH ordnete das Insolvenzgericht die Nachtragsverteilung an und beauftrage den Antragsteller mit deren Durchführung. Dieser macht ausgehend von einem hälftigen Auseinandersetzungsanspruch des Schuldners einen Teilanspruch in Höhe der Hälfte des Eigenkapitals der GmbH von rd. 830.000 € gegen die Antragsgegnerin geltend.

Das AG wies den Antrag ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hatte vor dem OLG ebenso wenig Erfolg wie die vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.

Die Gründe:
Das OLG hat eine Ehegatteninnengesellschaft zwischen der Antragsgegnerin und dem Schuldner mit rechtsfehlerfreier Begründung verneint.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Ausgleich nach den §§ 730 ff. BGB in Betracht kommen, wenn Ehegatten ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. Für das Zustandekommen einer solchen Ehegatteninnengesellschaft durch konkludenten Vertragsschluss kommt es dabei maßgeblich darauf an, welche Zielvorstellungen die Ehegatten mit einer Vermögensbildung verfolgen, insbesondere ob sie mit ihrer Tätigkeit einen über die bloße Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck erreichen wollen, und ob ihrem Tun die Vorstellung zugrunde liegt, dass das gemeinsam geschaffene Vermögen wirtschaftlich betrachtet nicht nur dem formal Berechtigten, sondern auch dem anderen Ehegatten zustehen soll. Indizien können sich etwa aus der Planung, dem Umfang und der Dauer der Vermögensbildung sowie aus Absprachen über die Verwendung und Wiederanlage erzielter Erträge ergeben.

Wird durch die Mitwirkung beider Ehegatten in dem von einem Ehegatten betriebenen Unternehmen Vermögen gebildet, kann für das Zustandekommen einer Ehegatteninnengesellschaft insbesondere sprechen, dass die Ehegatten das Unternehmen gemeinsam aufbauen wollten, sie mithin nicht lediglich in dem von einem der Ehegatten in die Ehe eingebrachten laufenden Unternehmen zusammengearbeitet haben. Auch die Übernahme bedeutsamer Funktionen in dem Unternehmen durch den dinglich nicht berechtigten Ehegatten und ein erheblicher Einsatz von finanziellen Mitteln oder der eigenen Arbeitskraft durch diesen können auf den stillschweigenden Zusammenschluss der Ehegatten zu einer Innengesellschaft hindeuten. Das Erfordernis der gleichgeordneten Mitarbeit darf allerdings nicht überbetont werden.

Die Annahme einer durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenen Ehegatteninnengesellschaft darf auch nicht zu den von den Ehegatten ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen in Widerspruch stehen. Ausdrückliche Abreden gehen einem nur konkludent zum Ausdruck gekommenen Willen vor. Die bloße Vereinbarung von Gütertrennung spricht wiederum nicht ohne Weiteres gegen das Zustandekommen einer Ehegatteninnengesellschaft. Hat ein Ehegatte im Unternehmen des anderen auf der Grundlage einer ausdrücklich getroffenen Vereinbarung, etwa eines Arbeitsvertrags, mitgearbeitet, richten sich dessen Ansprüche grundsätzlich nach den vertraglichen Bestimmungen. Voraussetzung ist insoweit indes, dass der Tätigkeit des nicht am Unternehmen berechtigten Ehegatten ein wirksam begründetes Arbeitsverhältnis zugrunde liegt, der Arbeitsvertrag mithin nicht lediglich zum Schein (§ 117 BGB) geschlossen wurde. Gegen einen auf Gründung einer Ehegatteninnengesellschaft gerichteten Rechtsbindungswillen der Ehegatten kann überdies sprechen, dass die dingliche Zuordnung des Geschäftsvermögens zu nur einem der Ehegatten dem Zweck diente, gemeinsam aufgebautes oder zu schaffendes Vermögen den Gläubigern des anderen Ehegatten vorzuenthalten.

Danach hat das OLG vorliegend das Zustandekommen einer Ehegatteninnengesellschaft durch schlüssiges Verhalten der Ehegatten sowie einen mit Auflösung einer solchen Gesellschaft entstandenen, in die Insolvenzmasse fallenden Zahlungsanspruch des Schuldners rechtsfehlerfrei verneint. Es hat zu Recht angenommen, dass die Ehegatten bewusst die Eingehung einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung sowie die damit verbundene Teilhabe des Schuldners an dem zu erwirtschaftenden Vermögen vermieden und eine andere rechtliche Gestaltung unter Mitwirkung des Schuldners im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gewählt haben. Zutreffend hat es dabei ausschließlich auf die von der Antragsgegnerin und dem Schuldner ausdrücklich gewählte Rechtsgestaltung abgestellt, weil diese keinen Raum für eine daneben begründete Ehegatteninnengesellschaft lässt. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde zudem, das OLG habe unberücksichtigt gelassen, dass die Antragsgegnerin und der Schuldner im Güterstand der Gütertrennung lebten. Vielmehr hat es bereits nicht angenommen, dass der Schuldner nach der Vorstellung beider Ehegatten im Falle einer Scheidung an dem in der GmbH verkörperten Vermögenszuwachs teilhaben sollte, sondern zugrunde gelegt, diese hätten bewusst auf eine solche Teilhabe verzichtet, um das gemeinsam geschaffene Vermögen einem Zugriff der Insolvenzgläubiger zu entziehen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | BGB
§ 705 Rechtsnatur der Gesellschaft
Koch/Harnos in Koch, Personengesellschaftsrecht Kommentar, 2024
1. Aufl./Lfg. 10.2023

Kommentierung | BGB
§ 730 Auflösung bei Tod oder Insolvenz eines Gesellschafters
Richter in Koch, Personengesellschaftsrecht Kommentar, 2024
1. Aufl./Lfg. 10.2023

Kommentierung | BGB
§ 734 Fortsetzung der Gesellschaft
Richter in Koch, Personengesellschaftsrecht Kommentar, 2024
1. Aufl./Lfg. 10.2023

Rechtsprechung (Siehe Leitsätze):
§§ 705, 722 I, 730 I BGB: Verteilung von Gewinnen in Ehegatteninnengesellschaft [m. Anm. Wever, S. 968]
BGH vom 03.02.2016 - XII ZR 29/13
Reinhardt Wever, FamRZ 2016, 965

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