Voraussetzungen zur Bildung einer Gruppe von Kleingläubigern
AG Ludwigshafen v. 26.1.2021 - 3a IN 139/19 LU
Der Sachverhalt:
Die Schuldnerin hatte am 21.5.2019 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt. Dieses ist mit Beschluss vom 1.9.2019 in Eigenverwaltung eröffnet worden. Am 11.9.2020 wurde der Entwurf eines Insolvenzplans bei Gericht eingereicht. Am 4.1.2021 hat die Schuldnerin den Insolvenzplan vom 28.12.2020 eingereicht. Dieser sah die Bildung von fünf Gruppen vor.
Nicht nachrangige Insolvenzgläubiger bildeten die Gruppe 1 und sollten eine Quote von 10,30 % erhalten. Öffentliche Gläubiger bildeten die Gruppe 2, die eine Quote von 10,30 % erhalten sollte. Kleingläubiger sollten die entsprechende Quote wie die Gruppen 1 und 2 erhalten und bildeten die Gruppe 3. Diese Gruppe sollte Gläubiger erfassen, deren Forderung bis zu einer maximalen Höhe von 550 € festgestellt war. Der Geschäftsführer der Schuldnerin sollte eine eigene Gruppe 4 bilden und eine um die Hälfte reduzierte Quote erhalten. Der Anteilsinhaber sollte die Gruppe 5 bilden und keine Quote erhalten.
Am 12.1.2021 hat das Insolvenzgericht darauf hingewiesen, dass die Gruppenbildung im Hinblick auf die Gruppe 3 (Kleingläubiger) Bedenken begegnet. Die Schuldnerin hat daraufhin den Insolvenzplan vom 19.1.2021 am 25.1.2021 zu den Akten gereicht und darauf verwiesen, dass die Kleingläubigergruppe nunmehr durch eine "leicht erhöhte Quotenzahlung von 12,50 % abgegrenzt" werde. Eine geringe Forderungshöhe sei "regelmäßig bei Beträgen unter 1.000 €" anzunehmen. Im Plan führte die Schuldnerin u.a. aus:
"Die Gläubiger der Gruppe 3 - Kleingläubiger ... - sollen aufgrund der Geringfügigkeit ihrer Forderungen eine leicht erhöhte Quote erhalten. Kleingläubiger im Sinne der Gruppe 3 sind solche Gläubiger, deren Forderung bis zu einer maximalen Höhe von 550,00 EUR festgestellt ist. Der den Gläubigern entstandene Schaden ist angemessen auszugleichen. Die Gläubiger der Gruppe 3 erhalten eine Quote von 12,50 %."
Die Höhe der Quoten blieb für die übrigen Gruppen unverändert. Weitere Erläuterungen dazu, warum die Grenze für die Zugehörigkeit zur Gruppe 3 an einer Forderungshöhe von 550 € festgemacht wird, enthielt der Plan nicht.
Das AG hat den vorgelegten Insolvenzplan zurückgewiesen.
Die Gründe:
Nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO weist das Insolvenzgericht den Insolvenzplan von Amts wegen zurück, wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind.
Der vorgelegte Insolvenzplan verstößt im Hinblick auf die Bildung der Gruppe 3 (Kleingläubiger) sowohl gegen die Voraussetzungen einer Gruppenbildung nach § 222 Abs. 3 InsO, als auch gegen diejenigen einer Gruppenbildung nach § 222 Abs. 2 InsO. Die Gruppenbildung im vorgelegten Plan scheitert indes nicht daran, dass der Plan für die Gruppe der Kleingläubiger keine vollständige Befriedigung vorsieht. Zwar wird von weiten Teilen der Rechtsprechung und Literatur argumentiert, der Verzicht auf die verfahrensrechtliche Sicherung durch die Gruppenbildungskriterien des § 222 Abs. 2 InsO sei nur dann hinnehmbar, wenn er mit dem korrespondierenden Vorteil einer vollen Befriedigung einhergehe. Beabsichtige der Planersteller eine andere Behandlung, komme eine Gruppenbildung nur unter den in § 222 Abs. 2 InsO niedergelegten Voraussetzungen in Betracht. Dieser Ansicht folgt das erkennende Gericht aber nicht.
Die Bildung einer Gruppe der Kleingläubiger erfordert nicht, dass die Forderungen der Kleingläubiger vollständig bedient werden. In § 222 Abs. 3 Satz 2 InsO werden nämlich keine besonderen Voraussetzungen für die Bildung einer Gruppe der Kleingläubiger formuliert. Den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich auch nicht die (ungeschriebene) Voraussetzung einer vollständigen Befriedigung der gruppenangehörigen Gläubiger entnehmen. Zwar sieht die Gesetzesbegründung den Zweck einer Kleingläubigergruppe insbesondere in der Verfahrensvereinfachung, die mit der vollen Befriedigung der Kleingläubiger einhergeht (BT-Drucks. 12/2443, S. 200). Greift der Plan nämlich nicht in die Rechte der Kleingläubiger ein, sind diese nicht mehr stimmberechtigt (§ 237 Abs. 2 InsO), was die Abwicklung des Abstimmungstermins erleichtert. Die Gesetzesbegründung nennt die volle Befriedigung aber nur als Beispiel.
Zur Bildung einer Gruppe der Kleingläubiger ist es aber erforderlich, die Zugehörigkeit zur Gruppe mit nachvollziehbaren und sachgerechten Kriterien vorzunehmen. Der vorgelegte Insolvenzplan enthielt aber keine hinreichende Begründung für die Abgrenzung der Kleingläubiger. Die Abgrenzung der Zugehörigkeit zur Gruppe der Kleingläubiger muss mithin mindestens mit nachvollziehbaren und sachgerechten Kriterien vorgenommen werden. Dazu sind fixe betragsmäßige Kriterien regelmäßig ungeeignet. Erforderlich ist zumindest eine, den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls gerecht werdende Begründung. Und dem genügt die Zuweisung im vorgelegten Plan anhand einer - nicht weiter begründeten - Grenze von 550 € nicht.
Justizportal Rheinland-Pfalz
Die Schuldnerin hatte am 21.5.2019 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt. Dieses ist mit Beschluss vom 1.9.2019 in Eigenverwaltung eröffnet worden. Am 11.9.2020 wurde der Entwurf eines Insolvenzplans bei Gericht eingereicht. Am 4.1.2021 hat die Schuldnerin den Insolvenzplan vom 28.12.2020 eingereicht. Dieser sah die Bildung von fünf Gruppen vor.
Nicht nachrangige Insolvenzgläubiger bildeten die Gruppe 1 und sollten eine Quote von 10,30 % erhalten. Öffentliche Gläubiger bildeten die Gruppe 2, die eine Quote von 10,30 % erhalten sollte. Kleingläubiger sollten die entsprechende Quote wie die Gruppen 1 und 2 erhalten und bildeten die Gruppe 3. Diese Gruppe sollte Gläubiger erfassen, deren Forderung bis zu einer maximalen Höhe von 550 € festgestellt war. Der Geschäftsführer der Schuldnerin sollte eine eigene Gruppe 4 bilden und eine um die Hälfte reduzierte Quote erhalten. Der Anteilsinhaber sollte die Gruppe 5 bilden und keine Quote erhalten.
Am 12.1.2021 hat das Insolvenzgericht darauf hingewiesen, dass die Gruppenbildung im Hinblick auf die Gruppe 3 (Kleingläubiger) Bedenken begegnet. Die Schuldnerin hat daraufhin den Insolvenzplan vom 19.1.2021 am 25.1.2021 zu den Akten gereicht und darauf verwiesen, dass die Kleingläubigergruppe nunmehr durch eine "leicht erhöhte Quotenzahlung von 12,50 % abgegrenzt" werde. Eine geringe Forderungshöhe sei "regelmäßig bei Beträgen unter 1.000 €" anzunehmen. Im Plan führte die Schuldnerin u.a. aus:
"Die Gläubiger der Gruppe 3 - Kleingläubiger ... - sollen aufgrund der Geringfügigkeit ihrer Forderungen eine leicht erhöhte Quote erhalten. Kleingläubiger im Sinne der Gruppe 3 sind solche Gläubiger, deren Forderung bis zu einer maximalen Höhe von 550,00 EUR festgestellt ist. Der den Gläubigern entstandene Schaden ist angemessen auszugleichen. Die Gläubiger der Gruppe 3 erhalten eine Quote von 12,50 %."
Die Höhe der Quoten blieb für die übrigen Gruppen unverändert. Weitere Erläuterungen dazu, warum die Grenze für die Zugehörigkeit zur Gruppe 3 an einer Forderungshöhe von 550 € festgemacht wird, enthielt der Plan nicht.
Das AG hat den vorgelegten Insolvenzplan zurückgewiesen.
Die Gründe:
Nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO weist das Insolvenzgericht den Insolvenzplan von Amts wegen zurück, wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind.
Der vorgelegte Insolvenzplan verstößt im Hinblick auf die Bildung der Gruppe 3 (Kleingläubiger) sowohl gegen die Voraussetzungen einer Gruppenbildung nach § 222 Abs. 3 InsO, als auch gegen diejenigen einer Gruppenbildung nach § 222 Abs. 2 InsO. Die Gruppenbildung im vorgelegten Plan scheitert indes nicht daran, dass der Plan für die Gruppe der Kleingläubiger keine vollständige Befriedigung vorsieht. Zwar wird von weiten Teilen der Rechtsprechung und Literatur argumentiert, der Verzicht auf die verfahrensrechtliche Sicherung durch die Gruppenbildungskriterien des § 222 Abs. 2 InsO sei nur dann hinnehmbar, wenn er mit dem korrespondierenden Vorteil einer vollen Befriedigung einhergehe. Beabsichtige der Planersteller eine andere Behandlung, komme eine Gruppenbildung nur unter den in § 222 Abs. 2 InsO niedergelegten Voraussetzungen in Betracht. Dieser Ansicht folgt das erkennende Gericht aber nicht.
Die Bildung einer Gruppe der Kleingläubiger erfordert nicht, dass die Forderungen der Kleingläubiger vollständig bedient werden. In § 222 Abs. 3 Satz 2 InsO werden nämlich keine besonderen Voraussetzungen für die Bildung einer Gruppe der Kleingläubiger formuliert. Den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich auch nicht die (ungeschriebene) Voraussetzung einer vollständigen Befriedigung der gruppenangehörigen Gläubiger entnehmen. Zwar sieht die Gesetzesbegründung den Zweck einer Kleingläubigergruppe insbesondere in der Verfahrensvereinfachung, die mit der vollen Befriedigung der Kleingläubiger einhergeht (BT-Drucks. 12/2443, S. 200). Greift der Plan nämlich nicht in die Rechte der Kleingläubiger ein, sind diese nicht mehr stimmberechtigt (§ 237 Abs. 2 InsO), was die Abwicklung des Abstimmungstermins erleichtert. Die Gesetzesbegründung nennt die volle Befriedigung aber nur als Beispiel.
Zur Bildung einer Gruppe der Kleingläubiger ist es aber erforderlich, die Zugehörigkeit zur Gruppe mit nachvollziehbaren und sachgerechten Kriterien vorzunehmen. Der vorgelegte Insolvenzplan enthielt aber keine hinreichende Begründung für die Abgrenzung der Kleingläubiger. Die Abgrenzung der Zugehörigkeit zur Gruppe der Kleingläubiger muss mithin mindestens mit nachvollziehbaren und sachgerechten Kriterien vorgenommen werden. Dazu sind fixe betragsmäßige Kriterien regelmäßig ungeeignet. Erforderlich ist zumindest eine, den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls gerecht werdende Begründung. Und dem genügt die Zuweisung im vorgelegten Plan anhand einer - nicht weiter begründeten - Grenze von 550 € nicht.