Wann ist ein Rechtsgutachten über ausländisches Recht erstattungsfähig?
OLG Hamburg v. 27.10.2023 - 4 W 84/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte die Beklagte auf Zahlung von Miete für die Vercharterung eines Flugzeugs in Anspruch genommen. Nach Zustellung der Klagschrift hat die Beklagte bei Schweizer Rechtsanwälten ein Rechtsgutachten über die Frage, ob ein Zeuge nach Schweizer Recht berechtigt war, für die Klägerin verpflichtende Erklärungen abzugeben, in Auftrag gegeben. Dabei hat die Beklagte angenommen, dass der Zeuge die Willenserklärungen von seinem Wohnsitz in der Schweiz aus abgegeben hat.
Das Rechtsgutachten gelangte zu dem Ergebnis, dass der Zeuge in wirksamer Stellvertretung für die Klägerin gehandelt habe. Später stellte sich heraus, dass der Zeuge von Deutschland aus tätig geworden war, so dass für die Frage der Stellvertretung Deutsches Recht zur Anwendung kam. Die Beklagte hat für das Rechtsgutachten umgerechnet rund 11.600 € bezahlt.
Das LG hat die Kosten des Rechtsgutachtens für erstattungsfähig gehalten. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin war vor dem OLG erfolgreich.
Die Gründe:
Die Kosten des Rechtsgutachtens sind nicht erstattungsfähig.
Die Kosten eines während des Rechtsstreits eingeholten Privatgutachtens sind nur ausnahmsweise erstattungsfähig, nämlich dann, wenn die Kosten unmittelbar prozessbezogen und notwendig sind. Die Einholung eines Privatgutachtens ist notwendig, wenn eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Sachdienlichkeit kann insbesondere dann zu bejahen sein, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war.
Diese Grundsätze gelten auch für die Einholung eines während des Rechtsstreits eingeholten Rechtsgutachtens über ausländisches Recht. Die Beklagte durfte die Einholung des Rechtsgutachtens nach Schweizer Recht ex ante aber nicht als sachdienlich ansehen. Sie ist nämlich durch das Rechtsgutachten nicht in die Lage versetzt worden, sich gegen den geltend gemachten Anspruch sachgerecht zu verteidigen. Für die Schlüssigkeit ihres Vorbringens in der Klagerwiderung war das Rechtsgutachten ohne Bedeutung. Die Beklagte hätte für ihren Sachvortrag die Anwendung Deutschen Rechts unterstellen können. Es wäre dann Sache der Klägerin gewesen, dies zu bestreiten, und gegebenenfalls - sofern entscheidungserheblich - wäre es Aufgabe des Gerichts gewesen zu klären, ob für die Frage der Stellvertretung Deutsches oder Schweizer Recht zu Anwendung kommt.
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Landesrecht Hamburg
Die Klägerin hatte die Beklagte auf Zahlung von Miete für die Vercharterung eines Flugzeugs in Anspruch genommen. Nach Zustellung der Klagschrift hat die Beklagte bei Schweizer Rechtsanwälten ein Rechtsgutachten über die Frage, ob ein Zeuge nach Schweizer Recht berechtigt war, für die Klägerin verpflichtende Erklärungen abzugeben, in Auftrag gegeben. Dabei hat die Beklagte angenommen, dass der Zeuge die Willenserklärungen von seinem Wohnsitz in der Schweiz aus abgegeben hat.
Das Rechtsgutachten gelangte zu dem Ergebnis, dass der Zeuge in wirksamer Stellvertretung für die Klägerin gehandelt habe. Später stellte sich heraus, dass der Zeuge von Deutschland aus tätig geworden war, so dass für die Frage der Stellvertretung Deutsches Recht zur Anwendung kam. Die Beklagte hat für das Rechtsgutachten umgerechnet rund 11.600 € bezahlt.
Das LG hat die Kosten des Rechtsgutachtens für erstattungsfähig gehalten. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin war vor dem OLG erfolgreich.
Die Gründe:
Die Kosten des Rechtsgutachtens sind nicht erstattungsfähig.
Die Kosten eines während des Rechtsstreits eingeholten Privatgutachtens sind nur ausnahmsweise erstattungsfähig, nämlich dann, wenn die Kosten unmittelbar prozessbezogen und notwendig sind. Die Einholung eines Privatgutachtens ist notwendig, wenn eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Sachdienlichkeit kann insbesondere dann zu bejahen sein, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war.
Diese Grundsätze gelten auch für die Einholung eines während des Rechtsstreits eingeholten Rechtsgutachtens über ausländisches Recht. Die Beklagte durfte die Einholung des Rechtsgutachtens nach Schweizer Recht ex ante aber nicht als sachdienlich ansehen. Sie ist nämlich durch das Rechtsgutachten nicht in die Lage versetzt worden, sich gegen den geltend gemachten Anspruch sachgerecht zu verteidigen. Für die Schlüssigkeit ihres Vorbringens in der Klagerwiderung war das Rechtsgutachten ohne Bedeutung. Die Beklagte hätte für ihren Sachvortrag die Anwendung Deutschen Rechts unterstellen können. Es wäre dann Sache der Klägerin gewesen, dies zu bestreiten, und gegebenenfalls - sofern entscheidungserheblich - wäre es Aufgabe des Gerichts gewesen zu klären, ob für die Frage der Stellvertretung Deutsches oder Schweizer Recht zu Anwendung kommt.
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