07.10.2024

WEG: Verbot der Vermietung an Asylbewerber in Gemeinschaftsordnung nicht offensichtlich unwirksam

Eine Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung einer WEG, wonach den Eigentümern die Vermietung ihres Sondereigentums an die für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständige (Landes-)Behörde untersagt wird, ist nicht offensichtlich unwirksam. Das Grundbuchamt hat deshalb keinen Anlass, den Antrag auf Eintragung einer entsprechenden Ergänzung der Gemeinschaftsordnung in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern zu beanstanden.

KG Berlin v. 19.9.2024 - 1 W 410-448/23 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) war Eigentümerin eines Grundstücks, das in 36 Wohnungseigentums- und drei Teileigentumsrechte aufgeteilt worden war. Am 25.1.2021 wurde die Beteiligte zu 2) anstelle der Beteiligten zu 1) in das Teileigentumsgrundbuch eingetragen. Am 28.6.2023 bewilligten zwei Vertreterinnen der Beteiligten die Eintragung von Änderungen der Gemeinschaftsordnung in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern. Die neue Bestimmung sollte den Eigentümern die Vermietung ihres Sondereigentums an die für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständige (Landes-)Behörde untersagen.

Am 25.7.2023 hat der Notar den Vollzug in den Grundbüchern beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 4.9.2023 unter Fristsetzung eine Abänderung der Urkunde für erforderlich erachtet, weil die neue Bestimmung gegen § 19 AGG verstoße. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das KG die Zwischenverfügung aufgehoben.

Die Gründe:
Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht, so dass insoweit kein Anlass für den Erlass der Zwischenverfügung bestand, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.

Der Senat hat wiederholt entschieden, dass das Grundbuchamt eine gemäß §§ 19 GBO, 10 Abs. 1 S. 2, 5 Abs. 4 S. 1 WEG zur Eintragung bewilligte Vereinbarung über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nur beanstanden kann, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde, weil die Bestimmung unwirksam oder unbeachtlich ist (Senat, September 2016 - 1 W 93/16). Als Prüfungsmaßstab kommen dabei die §§ 134, 138 BGB sowie § 242 BGB in Betracht.

Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, es insbesondere vermieten, § 13 Abs. 1 WEG. Durch - einstimmige - Vereinbarung kann aber das Recht auf Vermietung des Sondereigentums auch beschränkt oder für bestimmte Fälle ganz ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang wird vertreten, dass solche Vereinbarungen den in § 19 AGG aufgestellten Grundsätzen standzuhalten hätten. Diskriminierende Vermietungsverbote i.d.S. seien unwirksam. Beispielhaft werden dazu Regelungen genannt, die es generell verbieten, eine Eigentumswohnung an Asylbewerber oder sonstige Ausländer zu vermieten. Um eine solche Regelung ging es hier aber nicht.

Vorliegend käme allenfalls eine Diskriminierung wegen der ethischen Herkunft in Betracht, weil es sich bei Asylbewerbern immer um Ausländer handelt, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Hingegen vermochte der Senat insoweit eine Diskriminierung nicht zu erkennen. Die von dem Grundbuchamt beanstandete Regelung verbietet es den Eigentümern schon nicht, ihr Sondereigentum unmittelbar an Asylbewerber zu vermieten, "sonstige Ausländer" werden erst gar nicht genannt. Tatsächlich werden nur Vermietungen an das beispielhaft bezeichnete - allerdings bereits seit August 2016 in Berlin nicht mehr zuständige Landesamt untersagt. In Berlin ist seither das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheit u.a. zuständig für die Beschaffung von Heim- und Wohnplätzen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber durch Verträge mit Dritten.

Von der beanstandeten Regelung werden Asylbewerber somit allenfalls mittelbar betroffen und auch nur solche, die nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen und deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist. Nur diesen Asylbewerbern kann die Verpflichtung auferlegt werden, eine bestimmte Wohnung zu beziehen, § 60 Abs. 2 S. 1 AsylG. Eine Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft war danach nicht offensichtlich, sondern eher fernliegend.

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