09.02.2021

Widerruf eines im Fernabsatz geschlossenen Darlehensvertrages: Kein Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers auf Zins- und Tilgungsleistungen

Das LG Bonn hat einen Fall zur Erstattungspflicht des Darlehensgebers im Falle einer Rückabwicklung des Darlehensvertrages aufgrund eines Widerrufs entschieden, nachdem der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens im letzten Jahr zur Auslegung der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie Stellung genommen hatte.

LG Bonn v. 21.1.2021 - 17 O 146/17
Der Sachverhalt:
Ein Verbraucher hatte 2005 zwei Online-Immobilienkreditverträge abgeschlossen. Zehn Jahre später widerrief er die Verträge, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei. Nachdem die Bank den Widerruf nicht anerkannte, klagte der Mann vor dem LG. Dabei war u.a. streitig, ob der Kläger für die von ihm erbrachten Leistungen Nutzungsersatz von der Beklagten verlangen kann. Nach Ansicht des LG war zwar der Widerruf wirksam, jedoch habe der Verbraucher keinen Anspruch auf Nutzungsersatz.

Der EuGH bestätigte nach Vorabentscheidungsersuchen des LG mit Urteil vom 4.6.2020 - C-301/18 die Auffassung des LG, dass die vollharmonisierende Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie (FinFARL), die keinen Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers gegen den Darlehensgeber vorsieht, die Rechtsfolgen des Widerrufs abschließend regelt und daher nationalem Recht entgegen steht, wonach der Darlehensnehmer bei der Rückabwicklung gemäß §§ 357, 346 Abs. 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. Nutzungsersatz auf die von ihm erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen erhält.

Dementsprechend urteilte dass LG, dass dem Verbraucher kein Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers auf Zins- und Tilgungsleistungen zusteht.

Die Gründe:
Dem vom EuGH konkretisierten Richtlinienverständnis zur Auslegung der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie ist von den nationalen Gerichten bei der Anwendung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts Rechnung zu tragen. Dies ist in Form einer europarechtskonformen Rechtsfortbildung möglich, indem der Verweis des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. auf die Rücktrittsregeln des § 346 BGB a.F. teleologisch reduziert wird, das heißt diese Vorschrift hinsichtlich des nach dem Wortlaut eigentlich geschuldeten Nutzungsersatzes auf die Zins- und Tilgungsleistungen nicht angewendet wird.

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass der Kläger nach wirksamem Widerruf der Darlehensverträge im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses von der beklagten Bank keinen Nutzungsersatz hinsichtlich der von ihm an die Bank erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen verlangen kann.
LG Bonn PM Nr. 9 vom 8.2.2021
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