15.07.2014

Wohnungseigentümer kann trotz Bestellung eines Nießbrauchs als mittelbarer Handlungsstörer in Anspruch genommen werden

Ein Wohnungseigentümer, der an seinem Wohnungseigentum einen Nießbrauch bestellt hat, kann grundsätzlich als mittelbarer Handlungsstörer von den übrigen Wohnungseigentümern auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist, dass der Nießbraucher das Wohnungseigentum in einer Weise nutzt, die mit dem in der Teilungserklärung vereinbarten Zweck unvereinbar ist.

BGH 16.5.2014, V ZR 131/13
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Er ist Inhaber des Sondereigentums an der im Dachgeschoss gelegenen Wohnung und an dem darüber liegenden Spitzboden, der in der Teilungserklärung als eine nicht zu Wohnzwecken dienende Räumlichkeit bezeichnet wird. Im Jahr 1984 baute der Beklagte den Spitzboden, der über einen eigenen Zugang verfügt zu einer weiteren Wohneinheit aus und bestellte zugunsten seiner Eltern ein Nießbrauchsrecht an seinem Sondereigentum sowie seinem Miteigentumsanteil.

Die Eltern vermieteten anschließend die Wohnung samt Spitzboden von 1985 bis 2009 an Dritte. Im Jahr 2010 schlossen sie zwei gesonderte Mietverträge über die Wohnung und den Spitzboden, die seither als separate Wohneinheiten genutzt werden. Der Antrag des Beklagten, ihm und den Nießbrauchern die Trennung des Spitzbodens von der darunter liegenden Wohnung und dessen eigenständige Vermietung zu gestatten, wurde in der Eigentümerversammlung im Oktober 2010 abgelehnt. Später beschlossen die Eigentümer mehrheitlich, Klage auf Unterlassung der Nutzung des Spitzbodens zu Wohnzwecken zu erheben.

AG und LG verurteilten den Beklagten dazu, es zu unterlassen, den Spitzbodenbereich als selbständige Wohneinheit separat von seiner Dachgeschosswohnung zu Wohnzwecken zu nutzen oder nutzen zu lassen. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Der Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Spitzbodens als selbständige Wohneinheit gem. § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG war begründet; die Klägerin konnte ihn insbesondere im eigenen Namen gegen den Beklagten geltend machen, weil sie die Geltendmachung der entsprechenden Individualansprüche der übrigen Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss an sich gezogen hatte (§ 10 Abs. 6 S. 3 Alt. 2 WEG).

Gem. § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer u.a. einen den Vereinbarungen entsprechenden Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile verlangen. Werden die in der Norm genannten Gebrauchsregelungen nicht eingehalten, liegt hierin eine Eigentumsbeeinträchtigung, die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch. Zwar lag der Schwerpunkt des Verhaltens des Beklagten in einem Unterlassen, da er gegen das Verhalten der Nießbraucher nicht eingeschritten war. Im Hinblick auf den unmittelbaren Handlungsstörer ist anerkannt, dass dessen Haftung nur durch ein pflichtwidriges Unterlassen begründet wird. Eine Handlungspflicht konnte sich hier jedoch aus der Rechtsstellung als Eigentümer oder als Betriebsinhaber ergeben.

Geht es - wie hier - um das Verhältnis von Wohnungseigentümern untereinander, ist eine spezielle Rechtspflicht zum Handeln in § 14 Nr. 2 WEG normiert; nach der zweiten Alternative dieser Bestimmung hat jeder Wohnungseigentümer für einen den Vereinbarungen entsprechenden Gebrauch des Sondereigentums durch die Personen zu sorgen, denen er die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile überlassen hat. Hiervon wird auch die Besitzübertragung aufgrund eines Nießbrauchs erfasst.

Die Haftung aus § 1004 Abs. 1 BGB scheidet nur aus, wenn feststeht, dass der Kläger einen ihm zuerkannten Unterlassungsanspruch unter keinen Umständen durchzusetzen vermag; denn zu einer Leistung, die unstreitig nicht möglich ist, darf niemand verurteilt werden. Doch selbst bei einem unkündbaren Gebrauchsüberlassungsverhältnis ist es nicht ausgeschlossen, dass sich der Eigentümer mit den Mietern gütlich einigt und sie - erforderlichenfalls unter finanziellen Opfern - zu einer Aufgabe der zu unterlassenden Nutzung veranlasst. Nichts anderes gilt für eine Überlassung aufgrund eines Nießbrauchs. Ebenso wenig wie durch das Eingehen einer langfristigen mietvertraglichen Bindung kann sich der Wohnungseigentümer seinen aus dem Gemeinschaftsverhältnis erwachsenden Pflichten durch die Bestellung eines Nießbrauchs entziehen.

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