Zu den Anforderungen an Beschwerdeanträge in Ehe- und Familienstreitsachen
BGH v. 14.8.2024 - XII ZB 386/23
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten hatten im Jahr 1996 durch formlose Erklärung der Brautleute ohne Beteiligung staatlicher oder religiöser Stellen in Ägypten eine sog. Orfi- oder Urfi-Ehe und im Juni 1998 vor einem Notar in Alexandria/Ägypten offiziell die Ehe und einen Ehevertrag geschlossen. Damals besaß der Antragsgegner die ägyptische Staatsangehörigkeit, während die Antragstellerin deutsche Staatsangehörige ist. Seitdem leben beide in Deutschland.
Der Scheidungsantrag ist dem Antragsgegner, der zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, am 16.6.2017 zugestellt worden. Er hat im Scheidungsverbund den Zugewinnausgleich im Wege eines Stufenantrags geltend gemacht. Das AG hat die Antragstellerin durch Teilbeschluss rechtskräftig (vgl. Senatsbeschluss v. 23.9.2020 - XII ZB 490/18 - FamRZ 2021, 117) zur Auskunftserteilung verpflichtet. Nach Auskunftserteilung hat der Antragsgegner seinen Antrag nicht beziffert, sondern angeregt, das AG möge vorab entscheiden, ob der Zugewinnausgleich grundsätzlich nach deutschem Recht durchzuführen ist. Dem hat sich die Antragstellerin mit einem gegenläufigen Zwischenfeststellungsantrag angeschlossen.
Das AG die Ehe geschieden und den Antrag auf Zugewinnausgleichsantrag zurückgewiesen, weil die Beteiligten im Ehevertrag eine Rechtswahl zugunsten des "islamischen Rechts" getroffen hätten. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG verworfen. Es war der Ansicht, die Beschwerde sei unzulässig, weil der Antragsgegner keinen bestimmten Sachantrag gestellt habe. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners hat der BGH den Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
Gründe:
Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann die Zulässigkeit der Beschwerde nicht verneint werden, weil der Beschwerdeantrag entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts den gesetzlichen Anforderungen zur Begründung der Beschwerde gerecht wird.
Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehe- und Familienstreitsachen zur Begründung seiner Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. weck des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist es, den Beschwerdeführer im Interesse der Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens dazu anzuhalten, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und das Beschwerdegericht und den Verfahrensgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Die Vorschrift verlangt keine besondere Formalisierung der Antragstellung. Es genügt vielmehr, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Beschwerdeführers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erhellen, in welchem Umfang und mit welchem Ziel die erstinstanzliche Entscheidung angefochten werden soll. Eine Schlüssigkeit der gegebenen Begründung ist dagegen nicht erforderlich.
Infolgedessen genügte der Beschwerdeantrag des Antragsgegners den Erfordernissen des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Der Antragsgegner hatte die Beschwerde in vollem Umfang eingelegt und beantragt, die Entscheidung des AG zum Zugewinnausgleich aufzuheben sowie den Zugewinnausgleich, wie beantragt, durchzuführen. Auch aus seiner Beschwerdebegründung ergab sich keine ausdrückliche Beschränkung des Rechtsmittels. Mangels einer ausdrücklich erklärten Beschränkung der Beschwerde war grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beschwerdeführer seinen erstinstanzlichen Antrag in der Rechtsmittelinstanz weiterverfolgte.
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Die Beteiligten hatten im Jahr 1996 durch formlose Erklärung der Brautleute ohne Beteiligung staatlicher oder religiöser Stellen in Ägypten eine sog. Orfi- oder Urfi-Ehe und im Juni 1998 vor einem Notar in Alexandria/Ägypten offiziell die Ehe und einen Ehevertrag geschlossen. Damals besaß der Antragsgegner die ägyptische Staatsangehörigkeit, während die Antragstellerin deutsche Staatsangehörige ist. Seitdem leben beide in Deutschland.
Der Scheidungsantrag ist dem Antragsgegner, der zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, am 16.6.2017 zugestellt worden. Er hat im Scheidungsverbund den Zugewinnausgleich im Wege eines Stufenantrags geltend gemacht. Das AG hat die Antragstellerin durch Teilbeschluss rechtskräftig (vgl. Senatsbeschluss v. 23.9.2020 - XII ZB 490/18 - FamRZ 2021, 117) zur Auskunftserteilung verpflichtet. Nach Auskunftserteilung hat der Antragsgegner seinen Antrag nicht beziffert, sondern angeregt, das AG möge vorab entscheiden, ob der Zugewinnausgleich grundsätzlich nach deutschem Recht durchzuführen ist. Dem hat sich die Antragstellerin mit einem gegenläufigen Zwischenfeststellungsantrag angeschlossen.
Das AG die Ehe geschieden und den Antrag auf Zugewinnausgleichsantrag zurückgewiesen, weil die Beteiligten im Ehevertrag eine Rechtswahl zugunsten des "islamischen Rechts" getroffen hätten. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG verworfen. Es war der Ansicht, die Beschwerde sei unzulässig, weil der Antragsgegner keinen bestimmten Sachantrag gestellt habe. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners hat der BGH den Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
Gründe:
Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann die Zulässigkeit der Beschwerde nicht verneint werden, weil der Beschwerdeantrag entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts den gesetzlichen Anforderungen zur Begründung der Beschwerde gerecht wird.
Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehe- und Familienstreitsachen zur Begründung seiner Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. weck des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist es, den Beschwerdeführer im Interesse der Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens dazu anzuhalten, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und das Beschwerdegericht und den Verfahrensgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Die Vorschrift verlangt keine besondere Formalisierung der Antragstellung. Es genügt vielmehr, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Beschwerdeführers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erhellen, in welchem Umfang und mit welchem Ziel die erstinstanzliche Entscheidung angefochten werden soll. Eine Schlüssigkeit der gegebenen Begründung ist dagegen nicht erforderlich.
Infolgedessen genügte der Beschwerdeantrag des Antragsgegners den Erfordernissen des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Der Antragsgegner hatte die Beschwerde in vollem Umfang eingelegt und beantragt, die Entscheidung des AG zum Zugewinnausgleich aufzuheben sowie den Zugewinnausgleich, wie beantragt, durchzuführen. Auch aus seiner Beschwerdebegründung ergab sich keine ausdrückliche Beschränkung des Rechtsmittels. Mangels einer ausdrücklich erklärten Beschränkung der Beschwerde war grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beschwerdeführer seinen erstinstanzlichen Antrag in der Rechtsmittelinstanz weiterverfolgte.
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