04.04.2024

Zu den Voraussetzungen für die Festsetzung von Ordnungsgeld nach § 33 FamFG

Sofern ein Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens zum Termin eine Differenzierung zwischen den gesetzlichen Folgen nach § 33 FamFG und denen nach § 34 FamFG nicht deutlich erkennen lässt, liegen die Voraussetzungen für die Festsetzung von Ordnungsgeld nach § 33 Abs. 3 Satz 1 FamFG nicht vor.

OLG Braunschweig v. 19.3.2024 - 1 WF 28/24
Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung von Ordnungsgeld wegen unentschuldigten Ausbleibens im erstinstanzlichen Termin am 10.1.2024. Das Verfahren betrifft den Antrag des Kindesvaters auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts für J, die jetzt fünfzehn Jahre alte Tochter der Beteiligten. Das AG hatte Termin zur Anhörung der Eltern auf den 10.1.2024 um 13 Uhr bestimmt. Es ordnete dabei u.a. das persönliche Erscheinen der Kindesmutter an und wies darauf hin, dass das Verfahren auch ohne persönliche Anhörung beendet werden könne, wenn ein Beteiligter unentschuldigt dem anberaumten Termin fernbleibe.

Mit Schriftsatz vom 2.1.2024 bat ihr Verfahrensbevollmächtigter um Terminverlegung wegen fehlenden Berichts des Jugendamts, noch nicht erfolgter Akteneinsicht und eigener Verhinderung wegen eines zeitgleichen Verhandlungstermins vor dem LG Oldenburg. Das AG lehnte hat die Verlegung ab. Mit weiterem Schriftsatz vom 5.1.2024 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte, die Verhandlung im Wege einer Videokonferenz durchzuführen. Diesen Antrag wies das AG zurück und wies darauf hin, dass eine Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 BGB allerdings auch ohne Anhörung der Antragsgegnerin ergehen könne, sofern sie dem Antrag zustimme. Mit einem am 10.1.2024, um 11:39 Uhr beim AG eingegangenen Schriftsatz beantragte der Verfahrensbevollmächtigte nochmals, den Termin zu verlegen, da die Antragsgegnerin wegen einer vorangegangenen Nachtschicht in ihrem Beruf nicht erscheinen könne.

Am 10.1.2024 hörte das AG die betroffene Jugendliche und den Antragsteller an und gab dem Jugendamt und der Verfahrensbeiständin Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit gesonderter Verfügung setzte es einen weiteren Termin zur Anhörung auf den 31.1.2024 fest, zu dem es erneut das persönliche Erscheinen der Mutter anordnete. Mit Beschluss vom 10.1.2024 setzte das AG zudem ein Ordnungsgeld i.H.v. 300 € gegen die Antragsgegnerin wegen Nichterscheinens zum Termin fest. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde. Das AG half der Beschwerde nicht ab. Zwischenzeitlich hat die Antragsgegnerin dem Gericht mitgeteilt, dass sie auf ihre Recht auf Anhörung verzichte und dem Antrag auf Übertragungen der elterlichen Sorge für J auf den Kindesvater zustimme. Das AG hob daraufhin den Termin am 31.1.2024 auf und erließ einen Beschluss zur Hauptsache, mit dem es das Sorgerecht für J dem Antragsteller übertrug.

Das OLG gab der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin statt und hob das Ordnungsgeld auf.

Die Gründe:
Das Ordnungsgeld ist gem. § 33 Abs. 3 Satz 4 FamFG analog aufzuheben.

Gem. § 33 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 FamFG kann gegen einen ordnungsgemäß geladenen Beteiligten ein Ordnungsgeld verhängt werden, sofern er unentschuldigt im Termin ausbleibt, wenn er auf die Folgen seines Ausbleibens in der Ladung hingewiesen wurde. Voraussetzung für die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist demzufolge, dass dem Beteiligten zur Gewährleistung eines rechtsstaatlichen und fairen Verfahrens i.S.v. Art. 2 Abs. 2, 20 Abs. 3 GG ein in allgemein verständlicher Form abgefasster sowie im Ladungstext optisch hinreichend deutlich wahrnehmbarer Hinweis auf dieses Beugemittel erteilt wurde. Vorliegend ist ein diesen Vorgaben entsprechender eindeutiger Hinweis nicht ergangen. Die Ladung der Antragsgegnerin zum Termin am 10.1.2024 lässt eine Differenzierung zwischen den gesetzlichen Folgen des Ausbleibens nach den Regelungen des § 33 FamFG - mit der Möglichkeit zur Anordnung von Ordnungsgeld - und den Regelungen des § 34 FamFG - mit der Möglichkeit zur Entscheidung ohne Anhörung - nicht hinreichend deutlich erkennen.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht das persönlichen Erscheinen eines Beteiligten zu einem Termin anordnen und ihn anhören, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts sachdienlich erscheint. Die Vorschrift dient somit der Gewährung rechtlichen Gehörs mit dem Ziel der Sachaufklärung. Dementsprechend erfordert auch die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 33 Abs. 3 Satz 1 FamFG regelmäßig, dass das Nichterscheinen eines Beteiligten das Verfahren behindert oder verzögert, weil die notwendigen Feststellungen nicht getroffen werden können. Gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht einen Beteiligten persönlich anzuhören, wenn dies zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs des Beteiligten erforderlich oder gesetzlich vorgeschrieben ist. Bleibt der Beteiligte im anberaumten Anhörungstermin unentschuldigt aus, kann das Verfahren gem. § 34 Abs. 3 FamFG ohne seine persönliche Anhörung beendet werden, wenn er auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen wurde. Die persönliche Anhörung nach § 34 FamFG dient daher allein der Gewährung rechtlichen Gehörs, nicht aber der Ermittlung von Tatsachen.

Hier lässt sich der Ladung der Kindesmutter zum Termin am 10.1.2024 nicht eindeutig entnehmen, ob das AG ihre persönliche Anhörung i.S.v. §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 160 Abs. 1 Satz 1 FamFG zur Sachaufklärung für erforderlich gehalten hat oder damit lediglich ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan werden sollte. Denn ausweislich des als Blatt 33 zur Akte genommenen Ladungsschreibens an die Antragsgegnerin vom 12.12.2023 hat das AG "Termin zur Anhörung" auf den 10.1.2024 bestimmt, nicht aber Termin zur Erörterung oder Sachaufklärung. Soweit auf dem als Blatt 19 in der Akte befindlichen Formular Z 2221 zur Ladung in Kindschaftssachen vom 11.12.2023 auch die Auswahlmöglichkeit "Termin zur Erörterung" angekreuzt wurde, ist dies möglicherweise erst nachträglich erfolgt, wofür die Verschiedenfarbigkeit der beim Ausfüllen verwendeten Stifte spricht.

In der Gesamtbetrachtung lässt sich dem Ladungsschreiben vom 12.12.2023 damit weder eindeutig entnehmen, dass das Gericht mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Kindesmutter die Aufklärung der Sachlage angestrebt hat und bei Nichterscheinen Ordnungsgeld festsetzen kann, noch, dass es sich gehindert gesehen hat, ohne Anhörung der Kindesmutter zu entscheiden. Damit liegen die Voraussetzungen für die Verhängung von Ordnungsgeld nach § 33 Abs. 3 FamFG nicht vor, womit dieses aufzuheben war.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | FAMFG
§ 33 Persönliches Erscheinen der Beteiligten
Abramenko in Prütting/Helms, FamFG, Kommentar, 6. Aufl. 2023
6. Aufl./Lfg. 09.2022

Kommentierung | FAMFG
§ 34 Persönliche Anhörung
Abramenko in Prütting/Helms, FamFG, Kommentar, 6. Aufl. 2023
6. Aufl./Lfg. 09.2022

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