Zum Anscheinsbeweis bei der Kollision zweier Motorräder
OLG Hamm 8.9.2015, 9 U 131/14Der heute 55 Jahre alte Kläger befuhr im Juli 2011 mit seinem Motorrad der Marke BMW eine Straße in Schmallenberg. Im Bereich einer - aus Sicht des Klägers - Rechtskurve kollidierte das klägerische Motorrad mit dem vom heute 47 Jahre alten Beklagten gefahrenen Motorrad der Marke Honda auf der Gegenfahrbahn.
Zum Unfallhergang behauptet der Kläger, dass ihm der Beklagte zunächst auf seiner, des Klägers, Fahrspur entgegengekommen sei und so ihn, den Kläger, zu einer Vollbremsung veranlasst habe, durch welche er geradeaus in Richtung Fahrbahnmitte auf die Gegenfahrbahn gerutscht sei. Der Beklagte trug demgegenüber vor, auf seiner rechten Fahrbahnseite gefahren zu sein, während der Kläger die Kontrolle über sein Motorrad verloren habe und deswegen in der Kurve auf die Fahrbahn des Beklagten gefahren sei.
Infolge der Kollision erlitt der Kläger Frakturen an beiden Händen, am rechten Arm und am linken Sprunggelenk sowie verschiedene Prellungen und ein Schädelhirntrauma. Vom Beklagten verlangt er unter Berücksichtigung eines 50 prozentigen Mitverschuldens 5.000 € Schmerzensgeld sowie ca. 21.000 € für materielle Schäden am Motorrad, an der Kleidung sowie für Verdienstausfall und versäumte Haushaltsführung.
Das LG gab der Klage dem Grunde nach mit einer 25-prozentigen Haftungsquote des Beklagten statt. Die Berufungen der Parteien hatten vor dem OLG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der genaue Unfallhergang ist nach dem eingeholten Sachverständigengutachten zwar nicht mehr aufzuklären. Allerdings ist die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs durch ein unfallursächliches Verschulden des Klägers erhöht worden und so ein mit 75 Prozent zu bewertendes Eigenverschulden des Klägers am Unfall anzunehmen.
Für ein solches Mitverschulden spricht ein vom Kläger nicht erschütterter Anscheinsbeweis. Der Kläger ist in einer Rechtskurve mit seinem Motorrad zu weit nach links getragen worden, hat dann jenseits seiner Fahrbahnmitte eine Vollbremsung vollzogen und ist auf der Gegenfahrbahn mit einem im Bereich der Mitte seiner Fahrspur fahrenden, entgegenkommenden Motorrad kollidiert.
Ein derartiges Geschehen lässt typischerweise auf einen Fahrfehler des seine Fahrspur verlassenden Motorradfahrers schließen, der einen schuldhaften Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot darstellt. Dass der Kläger dabei auf ein sich näherndes und seinerseits auf der Gegenfahrbahn fahrendes Fahrzeug reagiert hat, ist ein atypischer und vorliegend nicht ansatzweise feststehender Verlauf. Es gibt keinen Grund dafür, warum der Beklagte vor der - aus seiner Sicht - Linkskurve auf seine Gegenfahrbahn gefahren sein sollte.
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