23.05.2023

Zum Geschäftswert bei notarieller Beurkundung güterrechtlicher Vereinbarungen

Bei der notariellen Beurkundung eines Ehevertrags, der die Wahl des Güterstands regelt und damit eine strukturelle Änderung des Güterstands bewirkt, richtet sich der Geschäftswert nach § 100 Abs. 1 GNotKG. Die Aufhebung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft und die Vereinbarung von Gütertrennung stellen sich als derartige Änderung des Güterstands dar. Dagegen ist § 100 Abs. 2 GNotKG der Bestimmung des Geschäftswerts nach dem klaren Wortlaut der Regelung nur dann zugrunde zu legen, wenn einzelne bestimmte oder zumindest bestimmbare Vermögenswerte oder bestimmte güterrechtliche Ansprüche Gegenstand der Beurkundung sind.v

BGH v. 19.4.2023 - XII ZB 234/22
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen eine notarielle Kostenrechnung für die Beurkundung eines Ehevertrags.

Mit notarieller Urkunde vom 24.10.2011 schlossen der Antragsteller und seine Ehefrau eine Vereinbarung, durch die sie u.a. ihr jeweiliges Betriebsvermögen dem Zugewinnausgleich und den güterrechtlichen Verfügungsbeschränkungen entzogen und einen wechselseitigen Erb- und Pflichtteilsverzicht vereinbarten. Am 5.5.2020 beurkundete die Antragsgegnerin eine weitere güterrechtliche Vereinbarung der Eheleute, durch welche diese u.a. den im Jahr 2011 geschlossenen Ehevertrag aufhoben, Gütertrennung vereinbarten sowie wechselseitig auf Zugewinnausgleichsansprüche verzichteten.

Unter dem 7.5.2021 stellte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Beurkundung dieser güterrechtlichen Vereinbarung einen auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 GNotKG aus dem Wert des gesamten Vermögens der Eheleute (jeweiliges Betriebs- und Privatvermögen) berechneten Betrag von rd. 57.000 € in Rechnung.

LG und OLG wiesen den hiergegen gerichteten Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung ab. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Gem. § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GNotKG bemisst sich der Geschäftswert bei der Beurkundung von Eheverträgen i.S.d. § 1408 BGB, die sich nicht auf Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich beschränken, auf die Summe der Werte der gegenwärtigen Vermögen beider Ehegatten bzw., sofern der Vertrag nur das Vermögen eines Ehegatten betrifft, auf den Wert seines Vermögens. Verbindlichkeiten werden bei der Ermittlung des Vermögens bis zur Hälfte des nach Satz 1 oder 2 maßgeblichen Werts in Abzug gebracht. Sind dagegen nur bestimmte Vermögenswerte oder bestimmte güterrechtliche Ansprüche Gegenstand eines beurkundeten Ehevertrags, ist gem. § 100 Abs. 2 GNotKG deren Wert für die Bestimmung des Geschäftswerts maßgeblich, höchstens jedoch der Wert nach Absatz 1.

Der Geschäftswert richtet sich danach bei der notariellen Beurkundung eines Ehevertrags, der die Wahl des Güterstands regelt und damit eine strukturelle Änderung des Güterstands bewirkt, nach § 100 Abs. 1 GNotKG. Die Aufhebung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) und die Vereinbarung von Gütertrennung (§ 1414 BGB) stellen sich als derartige Änderung des Güterstands dar. Dagegen ist § 100 Abs. 2 GNotKG der Bestimmung des Geschäftswerts nach dem klaren Wortlaut der Regelung nur dann zugrunde zu legen, wenn einzelne bestimmte oder zumindest bestimmbare Vermögenswerte oder bestimmte güterrechtliche Ansprüche Gegenstand der Beurkundung sind.

Das OLG hat danach jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die vorliegend in Rechnung gestellte Beurkundung der vom Antragsteller und seiner Ehefrau vereinbarten Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und Wahl von Gütertrennung eine strukturelle Gestaltung des Güterstands i.S.v. § 100 Abs. 1 GNotKG zum Gegenstand hatte und sich gerade nicht lediglich auf einzelne Vermögensgegenstände der Eheleute bezog. Denn mit der beurkundeten Vereinbarung wurde der Güterstand als solcher mit allen familien-, erb- und steuerrechtlichen Konsequenzen für die Vermögen der Eheleute insgesamt geändert und gerade nicht nur die zusätzliche Herausnahme des Privatvermögens der Eheleute aus dem Zugewinnausgleich geregelt.

Anderes folgt auch nicht daraus, dass die Eheleute bereits mit dem Ehevertrag vom 24.10.2011 die dem Betriebsvermögen beider Ehegatten zugehörigen Vermögensgegenstände dem Zugewinnausgleich entzogen, die Verfügungsbeschränkungen insbesondere § 1365 BGB diesbezüglich aufgehoben sowie einen Erb- und Pflichtteilsverzicht vereinbart hatten. Bereits aufgrund der von der Antragsgegnerin am 5.5.2020 beurkundeten Aufhebung dieses Ehevertrags und der gleichzeitigen Wahl des Güterstands der Gütertrennung durch den Antragsteller und seine Ehefrau war das zuvor dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft entzogene beiderseitige Betriebsvermögen Gegenstand der verfahrensgegenständlichen Beurkundung und daher bei der Bemessung des Geschäftswerts nach § 100 Abs. 1 Satz 1 GNotKG zu berücksichtigen. Die Annahme der Rechtsbeschwerde, die verfahrensgegenständliche Beurkundung betreffe das Betriebsvermögen nicht, trifft somit nicht zu.

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