03.03.2021

Zum Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Auskunftsverpflichtung in einer Zugewinnausgleichssache

Hat das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, nach § 61 Abs. 2 und 3 FamFG eine Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde zu treffen, weil es von einer Beschwer über 600 € ausgegangen ist, und hat das Beschwerdegericht diese Entscheidung nicht nachgeholt, obwohl es von einer geringeren Beschwer ausgegangen ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht im Rahmen der Erheblichkeit dieses Verfahrensfehlers prüfen, ob eine Zulassung der Beschwerde geboten gewesen wäre.

BGH v. 16.12.2020 - XII ZB 26/20
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller wendet sich gegen seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung in einem Zugewinnausgleichsverfahren. Die Beteiligten heirateten am 3.6.1995 in den Niederlanden. Am Tag zuvor schlossen sie dort einen notariellen Ehevertrag, mit dem sie u.a. Regelungen hinsichtlich des anwendbaren Rechts und des ehelichen Güterstands trafen. Die Ehegatten trennten sich im Januar 2013.

Das AG verpflichtete den Antragsteller auf einen Stufenantrag im Scheidungsverbundverfahren, der Antragsgegnerin Auskunft über sein Vermögen an näher bezeichneten Stichtagen (Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags) durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses und durch Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen zu erteilen. Über den weiteren Antrag der Antragsgegnerin, die Nichtigkeit des Ehevertrags festzustellen, hat das AG in der Beschlussformel nicht befunden. Die gegen den Teilbeschluss eingelegte Beschwerde verwarf das OLG als unzulässig. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Zutreffend ist das OLG davon ausgegangen, dass sich die Beschwer eines zur Auskunft verpflichteten Beteiligten grundsätzlich nach seinem Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Zur Bewertung des erforderlichen Aufwands an Zeit und Kosten für die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Gegen den vom OLG in Anwendung dieser Grundsätze geschätzten Zeitaufwand erinnert die Rechtsbeschwerde nichts. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat das OLG den auf ein Geheimhaltungsinteresse gerichteten Vortrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren zu Recht als unschlüssig angesehen. Ein solches kann zwar im Einzelfall für die Bemessung der Beschwer erheblich sein. Insoweit muss der Rechtsmittelführer aber sein besonderes Interesse, bestimmte Tatsachen geheim zu halten, und den durch die Auskunftserteilung drohenden Nachteil substantiiert darlegen und erforderlichenfalls glaubhaft machen. Die Rechtsbeschwerde begründet vorliegend kein besonderes Interesse an der Geheimhaltung.

Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das OLG habe bei der Bemessung der Beschwer außer Acht gelassen, dass das AG nicht nur über den Auskunftsantrag, sondern auch über den Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin entschieden habe. Vielmehr erweist sich die vom Senat uneingeschränkt zu überprüfende Auslegung des OLG, wonach das AG keine solche Entscheidung getroffen hat, als richtig. Und es begründet ebenfalls keine zusätzliche Beschwer, dass sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht nur gegen seine Verpflichtung zur Auskunft, sondern auch gegen die Begründung des Amtsgerichts gewendet hat, wonach keine wirksame Rechtswahl zustande gekommen ist.

Schließlich führt auch der Umstand, dass das OLG eine nachträgliche Zulassung der Beschwerde gem. § 61 Abs. 2 FamFG nicht in Betracht gezogen hat, zu keinem Zulassungsgrund nach §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 2 ZPO. Im Ausgangspunkt zutreffend weist die Rechtsbeschwerde allerdings darauf hin, dass nach ständiger BGH-Rechtsprechung das Beschwerdegericht eine Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde nachholen muss, wenn das erstinstanzliche Gericht zu einer solchen Entscheidung keine Veranlassung gesehen hat, weil es erkennbar davon ausgegangen ist, dass die Beschwer des unterlegenen Beteiligten 600 € übersteigt, während das Beschwerdegericht eine ausreichende Beschwer nicht für erreicht hält. Zureichende Anhaltspunkte für ihre Annahme, das AG sei von einer die Wertgrenze von 600 € übersteigenden Beschwer des Antragstellers ausgegangen, trägt die Rechtsbeschwerde jedoch nicht vor. Ohne Erfolg stützt sie sich darauf, dass das AG den Verfahrenswert lediglich für die Ehescheidung, nicht aber für die Zugewinnausgleichssache festgesetzt hat.

Wie der Senat bereits entschieden hat, lässt selbst die vorläufige Festsetzung eines Verfahrenswerts von über 600 € für einen Stufenantrag in vermögensrechtlichen Familienstreitsachen für sich genommen noch nicht darauf schließen, dass das AG auch von einer entsprechend hohen Beschwer des Auskunftsverpflichteten ausgegangen ist. Danach lässt der bloße Umstand, dass eine vorläufige Wertfestsetzung ganz unterblieben ist, erst recht nicht auf eine vom AG angenommene Beschwer schließen. Hinzu kommt, dass eine Zulassung der Beschwerde auf der Grundlage des Vorbringens der Rechtsbeschwerde ohnehin nicht in Betracht gekommen wäre. Die Erheblichkeit der fehlenden Zulassungsentscheidung durch die Instanzgerichte kann der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren selbst prüfen. Ein Grund für die Zulassung der Beschwerde ist hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
BGH online
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