08.04.2024

Zur Aufrechnung von Ansprüchen nach Beendigung eines Mietverhältnisses

Die Kammer ging hinsichtlich der durch den Beklagten erklärten Aufrechnung davon aus, dass sie nach §§ 389, 215 BGB ein teilweises Erlöschen der klägerischen Forderung bewirkt hat, obwohl der Beklagte vor Eintritt der Verjährung seiner Ansprüche nicht gegenüber den Klägern zum Ausdruck gebracht hatte, dass er i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB Zahlung von den Klägern verlangte. In dieser entscheidungserheblichen Rechtsfrage weicht die Kammer von der Rechtsprechung des KG Berlin ab (Urt. v. 2.12.2019, Az. 8 U 104/17).

LG Lübeck v. 28.3.2024 - 14 S 117/22
Der Sachverhalt:
Die Parteien haben über Ansprüche nach der Beendigung eines Mietverhältnisses gestritten. Zugunsten der Klägerseite hat das AG einen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution i.H.v. 3.975 € bejaht. Außerdem hat es den von den Klägern mit 2.941 € bezifferten Schadensersatzanspruch für eine Zaunanlage mit einem Betrag i.H.v. 1.350 € und einen Anspruch auf Rückzahlung der Betriebskostenvorauszahlungen für den Zeitraum Oktober 2019 bis April 2020 i.H.v. 975 € angesetzt. Einen Anspruch der Kläger auf Rückzahlung überzahlter Miete für Oktober 2019 i.H.v. 615 € hat es den Klägern aufgrund einer Verrechnungsvereinbarung mit dem Beklagten nicht zugestanden.

Abgezogen hat das LG teilweise von dem Beklagten vorgebrachte Gegenansprüche, wie etwa für Maler- und Reparaturarbeiten. Im Übrigen hat es Ansprüche des Beklagten insbesondere aufgrund einer fehlenden Fristsetzung zur Nacherfüllung abgelehnt. Hinsichtlich eines geltend gemachten Schadensersatzanspruchs aufgrund einer Schimmelbeseitigung im Abstellraum hat es einen Anspruch des Beklagten mit dem Argument abgelehnt, der Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, welcher Schaden im Abstellraum vorhanden gewesen sein soll und inwiefern die Kläger dafür verantwortlich gewesen sein sollten. Einen Gegenanspruch des Beklagten i.H.v. 392 € wegen Farbanpassungsarbeiten hat das AG ebenfalls aufgrund einer fehlenden Fristsetzung zur Nacherfüllung und darüber hinaus aufgrund mangelnder Notwendigkeit i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB abgelehnt.

Mit der Berufung wandte der Beklagte im Wesentlichen ein, das AG habe zu Unrecht eine Fristsetzung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangt. Zudem habe das AG verkannt, dass die Kläger eine Schimmelbildung im Übergabeprotokoll anerkannt hätten. Die Kläger waren der Auffassung, das AG habe § 215 BGB zu Unrecht angewandt, weil sich Ansprüche der Parteien zu keinem Zeitpunkt unverjährt gegenübergestanden hätten.

Das LG hat das erstinstanzliche Urteil im Berufungsverfahren abgeändert und den Klägern 2.232 € zzgl. anteiliger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen zugesprochen. Allerdings wurde die Revision zugelassen, soweit das Urteil die Aufrechnung des Beklagten zum Gegenstand hatte.

Die Gründe:
Auf die zulässige Berufung war das Urteil des AG in Teilen abzuändern und dahingehend neu zu fassen, dass die Kläger von dem Beklagten einen Betrag i.H.v. 2.232 € zzgl. anteiliger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen verlangen können. Die Ansprüche der Kläger sind teilweise i.H.e. Betrags von insgesamt 2.717 € erloschen, weil der Beklagte insoweit mit Gegenansprüchen aufrechnen konnte, § 389 BGB.

Für die Kammer stand nicht fest, dass der Beklagte den Klägern eine Frist zur Nacherfüllung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB gesetzt hatte. Ebenso wenig stand für die Kammer fest, dass die Kläger die Leistung ernsthaft und endgültig i.S.v. § 281 Abs. 2 BGB verweigert hatten. Zwar mochte der Vortrag der Beklagten zutreffen, dass ein Kläger bei Rückgabe der Wohnung geäußert hatte, die Kläger würden in der Wohnung nichts mehr machen. Diese Aussage konnte aber mit Blick auf die Unstimmigkeiten, die zwischen den Parteien hinsichtlich der im Rückgabeprotokoll festgehaltenen Mängel bestanden, nicht zweifelsfrei dahin ausgelegt werden, dass eine Mangelbeseitigung abgelehnt worden war. Gleiches galt hinsichtlich der Kosten für einen Neuanstrich sowie für die Grundreinigung der Küche.

Hinsichtlich der Kosten für den Schimmelbefall i.H.v. 495 € hat der Beklagte nicht hinreichend dargelegt, inwieweit der Schaden auf ein Verhalten der Kläger zurückzuführen sein soll. Selbst wenn zugunsten des Beklagten angenommen würde, dass es sich bei dem vorgelegten Protokoll tatsächlich um das von den Parteien angefertigte Übergabeprotokoll handelt, ließe sich daraus nicht der Rückschluss ziehen, dass die Kläger eine durch sie verursachte Beschädigung hätten anerkennen wollen. Vielmehr ließ sich die Eintragung auch als neutrale Zustandsbeschreibung auslegen.

Die Revision war hinsichtlich der vom Beklagten erklärten Aufrechnung unter dem Gesichtspunkt der Divergenz zuzulassen. Die Revision ist zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Divergenz zuzulassen, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht, und die angegriffene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (BGH v. 16.10.2018, Az. II ZR 70/16). Die Kammer ging hinsichtlich der durch den Beklagten erklärten Aufrechnung davon aus, dass sie nach §§ 389, 215 BGB ein teilweises Erlöschen der klägerischen Forderung bewirkt hat, obwohl der Beklagte vor Eintritt der Verjährung seiner Ansprüche nicht gegenüber den Klägern zum Ausdruck gebracht hatte, dass er i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB Zahlung von den Klägern verlangte. In dieser entscheidungserheblichen Rechtsfrage weicht die Kammer von der Rechtsprechung des KG Berlin ab (Urt. v. 2.12.2019, Az. 8 U 104/17).

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