Zur Frage der Rückforderbarkeit einer Geldzuwendung von Großeltern an ihren Enkel
OLG Zweibrücken v. 3.3.2022 - 4 U 140/21
Der Sachverhalt:
Die Kläger haben im August 2018 ein Hausanwesen an den Beklagten, ihrem Enkel, zu einem Kaufpreis von 398.000 € veräußert. Das Anwesen hatten sie zuvor selbst bewohnt und darin eine Pension betrieben. Teile des Anwesens sind vom Beklagten nach dem Erwerb vermietet worden. Im notariellen Kaufvertrag ist unter § 5 Nr. 2 u.a. Folgendes bestimmt:
"... Hinsichtlich einer künftigen Mitbenutzung durch die Verkäufer oder einer etwaigen Räumung des Kaufobjektes und Auszug der Verkäufer aus diesem soll in dieser Urkunde aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses zwischen Verkäufern und Käufer ausdrücklich nichts vereinbart werden. Der Notar hat auf etwaige Risiken diesbezüglich hingewiesen ...".
Die streitgegenständliche Geldüberweisung i.H.v. 76.000 €an den Beklagten tätigten die Kläger sodann aus dem Kontoguthaben, das sie durch den Erhalt des (vom Erwerber überwiegend kreditfinanzierten) Kaufpreises für das Hausanwesen erlangt hatten. In der Folgezeit untersagte die Bauordnungsbehörde dem Beklagten wegen fehlender Baugenehmigung und wegen Brandschutzmängeln die Nutzung der Räume in Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss des gekauften Anwesens zu Aufenthaltszwecken. Der Beklagte betreibt deshalb gegen die Kläger seit dem Jahr 2020 ein selbständiges Beweisverfahren. Nach dessen Einleitung haben die Kläger ihrerseits im Februar 2021 die vorliegende Rückzahlungsklage anhängig gemacht.
Die Kläger haben vorgetragen, dass im Rahmen der Verkaufsgespräche zwischen den Parteien vereinbart worden sei, dass den Klägern in dem Anwesen ein Wohnrecht in einer abgeschlossenen, etwa 100 m² großen Wohnung zustehen solle. Deshalb hätten sie dem Beklagten das Anwesen etwa 100.000 € unter Wert verkauft. Ebenfalls mit Blick auf das Wohnrecht hätten die Kläger den Betrag von 76.000 € an den Beklagten gezahlt. Nachdem der Beklagte ihnen ein unentgeltliches Wohnrecht - was unstreitig ist - verweigere, sei die Zahlung rechtsgrundlos erfolgt. Unstreitig ist, dass die Kläger nach dem Verkauf einmal 400 € als Miete an den Beklagten zahlten.
Das LG hat der Klage weitestgehend stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG das Urteil geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Gründe:
Eine Rückgabe der durch Banküberweisung bewirkten Zuwendung von Buchgeld (Kontogutschrift) nach den (vertraglichen) Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage kommt nicht in Betracht. Denn es steht nicht fest, dass die Parteien des Rechtsstreits vor der Veranlassung der Banküberweisung eine rechtsgeschäftlich bindende Einigung des Inhalts getroffen hätten, die Geldüberweisung der Kläger an den Beklagten sei als Gegenleistung für eine damals erst noch vorzunehmende Einräumung eines unentgeltlichen Wohnrechts zugunsten der Leistenden in dem zuvor verkauften Anwesen vereinbart worden. Zwar haben die Kläger dies der Sache nach so behauptet. Der Beklagte ist dem jedoch entschieden entgegengetreten; seiner Behauptung nach sei eine künftige Nutzung von Wohnräumen in dem Anwesen durch die Kläger von den Beteiligten nur auf mietvertraglicher Grundlage, also gegen Entgelt, ins Auge gefasst worden; für die Richtigkeit dieses Vorbringens sprach dabei indiziell, dass die Kläger nach dem Verkauf unstreitig einmal 400 € als Miete an den Beklagten gezahlt hatten.
Damit stehen sich die Behauptungen der Parteien zu diesem Punkt inhaltlich unvereinbar gegenüber, ohne dass der Senat nach seinem in der Sitzung gewonnenen persönlichen Eindruck der Sachdarstellung der Kläger einen entscheidenden Vorzug gegenüber derjenigen des Beklagten beimessen kann. Das wirkt sich aus Gründen der Beweislastverteilung zum Nachteil der für ihr Rückzahlungsverlangen nachweispflichtigen Kläger aus.
Im weiteren hatte das Erstgericht zu Recht einen bereicherungsrechtlichen Anspruch der Kläger wegen Zweckverfehlung ihrer Leistung aus § 812 Abs.1 Satz 2 Alt. 2 BGB (condictio ob rem / condictio causa data causa non secuta) geprüft. Da die von dem Beklagten erlangte Gutschrift von Buchgeld auf seinem Bankkonto nicht in Natur herausgegeben werden könnte, wäre ein etwaiger Anspruch der Kläger dabei im Streitfall auf Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB gerichtet.
Zwar hatte das Erstgericht zutreffend ausgeführt, dass beweispflichtig für die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs, hier konkret für eine Zweckverfehlung ihrer Leistung die Kläger als Anspruchsteller sind. Nicht richtig sind jedoch die weiteren Erwägungen in dem angefochtenen Urteil, dass der Beklagte nicht der ihn als Leistungsempfänger treffenden sekundären Behauptungslast für das Behaltendürfen der Geldzuwendung genügt habe. Es hat damit die Anforderungen an die von einer wegen ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch genommenen Partei zu verlangende Darlegung überspannt.
Der Beklagte hatte im ersten Rechtszug vorgetragen, die Zuwendung des Geldbetrages von 76.000 € durch die Kläger an ihn sei schenkweise erfolgt, um ihn nach dem Erwerb des Anwesens bei anstehenden Schönheitsreparaturen und bei dem Austausch der Heizungsanlage finanziell zu unterstützen. Damit wurde eine - zwar zunächst formunwirksame, aber durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilte (§ 518 Abs. 2 BGB) - "Handschenkung" schlüssig behauptet. Einer weitergehenden Substantiierung des Vortrages durch den Beklagten bedurfte es nicht.
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Landesrecht Rheinland-Pfalz
Die Kläger haben im August 2018 ein Hausanwesen an den Beklagten, ihrem Enkel, zu einem Kaufpreis von 398.000 € veräußert. Das Anwesen hatten sie zuvor selbst bewohnt und darin eine Pension betrieben. Teile des Anwesens sind vom Beklagten nach dem Erwerb vermietet worden. Im notariellen Kaufvertrag ist unter § 5 Nr. 2 u.a. Folgendes bestimmt:
"... Hinsichtlich einer künftigen Mitbenutzung durch die Verkäufer oder einer etwaigen Räumung des Kaufobjektes und Auszug der Verkäufer aus diesem soll in dieser Urkunde aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses zwischen Verkäufern und Käufer ausdrücklich nichts vereinbart werden. Der Notar hat auf etwaige Risiken diesbezüglich hingewiesen ...".
Die streitgegenständliche Geldüberweisung i.H.v. 76.000 €an den Beklagten tätigten die Kläger sodann aus dem Kontoguthaben, das sie durch den Erhalt des (vom Erwerber überwiegend kreditfinanzierten) Kaufpreises für das Hausanwesen erlangt hatten. In der Folgezeit untersagte die Bauordnungsbehörde dem Beklagten wegen fehlender Baugenehmigung und wegen Brandschutzmängeln die Nutzung der Räume in Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss des gekauften Anwesens zu Aufenthaltszwecken. Der Beklagte betreibt deshalb gegen die Kläger seit dem Jahr 2020 ein selbständiges Beweisverfahren. Nach dessen Einleitung haben die Kläger ihrerseits im Februar 2021 die vorliegende Rückzahlungsklage anhängig gemacht.
Die Kläger haben vorgetragen, dass im Rahmen der Verkaufsgespräche zwischen den Parteien vereinbart worden sei, dass den Klägern in dem Anwesen ein Wohnrecht in einer abgeschlossenen, etwa 100 m² großen Wohnung zustehen solle. Deshalb hätten sie dem Beklagten das Anwesen etwa 100.000 € unter Wert verkauft. Ebenfalls mit Blick auf das Wohnrecht hätten die Kläger den Betrag von 76.000 € an den Beklagten gezahlt. Nachdem der Beklagte ihnen ein unentgeltliches Wohnrecht - was unstreitig ist - verweigere, sei die Zahlung rechtsgrundlos erfolgt. Unstreitig ist, dass die Kläger nach dem Verkauf einmal 400 € als Miete an den Beklagten zahlten.
Das LG hat der Klage weitestgehend stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG das Urteil geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Gründe:
Eine Rückgabe der durch Banküberweisung bewirkten Zuwendung von Buchgeld (Kontogutschrift) nach den (vertraglichen) Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage kommt nicht in Betracht. Denn es steht nicht fest, dass die Parteien des Rechtsstreits vor der Veranlassung der Banküberweisung eine rechtsgeschäftlich bindende Einigung des Inhalts getroffen hätten, die Geldüberweisung der Kläger an den Beklagten sei als Gegenleistung für eine damals erst noch vorzunehmende Einräumung eines unentgeltlichen Wohnrechts zugunsten der Leistenden in dem zuvor verkauften Anwesen vereinbart worden. Zwar haben die Kläger dies der Sache nach so behauptet. Der Beklagte ist dem jedoch entschieden entgegengetreten; seiner Behauptung nach sei eine künftige Nutzung von Wohnräumen in dem Anwesen durch die Kläger von den Beteiligten nur auf mietvertraglicher Grundlage, also gegen Entgelt, ins Auge gefasst worden; für die Richtigkeit dieses Vorbringens sprach dabei indiziell, dass die Kläger nach dem Verkauf unstreitig einmal 400 € als Miete an den Beklagten gezahlt hatten.
Damit stehen sich die Behauptungen der Parteien zu diesem Punkt inhaltlich unvereinbar gegenüber, ohne dass der Senat nach seinem in der Sitzung gewonnenen persönlichen Eindruck der Sachdarstellung der Kläger einen entscheidenden Vorzug gegenüber derjenigen des Beklagten beimessen kann. Das wirkt sich aus Gründen der Beweislastverteilung zum Nachteil der für ihr Rückzahlungsverlangen nachweispflichtigen Kläger aus.
Im weiteren hatte das Erstgericht zu Recht einen bereicherungsrechtlichen Anspruch der Kläger wegen Zweckverfehlung ihrer Leistung aus § 812 Abs.1 Satz 2 Alt. 2 BGB (condictio ob rem / condictio causa data causa non secuta) geprüft. Da die von dem Beklagten erlangte Gutschrift von Buchgeld auf seinem Bankkonto nicht in Natur herausgegeben werden könnte, wäre ein etwaiger Anspruch der Kläger dabei im Streitfall auf Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB gerichtet.
Zwar hatte das Erstgericht zutreffend ausgeführt, dass beweispflichtig für die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs, hier konkret für eine Zweckverfehlung ihrer Leistung die Kläger als Anspruchsteller sind. Nicht richtig sind jedoch die weiteren Erwägungen in dem angefochtenen Urteil, dass der Beklagte nicht der ihn als Leistungsempfänger treffenden sekundären Behauptungslast für das Behaltendürfen der Geldzuwendung genügt habe. Es hat damit die Anforderungen an die von einer wegen ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch genommenen Partei zu verlangende Darlegung überspannt.
Der Beklagte hatte im ersten Rechtszug vorgetragen, die Zuwendung des Geldbetrages von 76.000 € durch die Kläger an ihn sei schenkweise erfolgt, um ihn nach dem Erwerb des Anwesens bei anstehenden Schönheitsreparaturen und bei dem Austausch der Heizungsanlage finanziell zu unterstützen. Damit wurde eine - zwar zunächst formunwirksame, aber durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilte (§ 518 Abs. 2 BGB) - "Handschenkung" schlüssig behauptet. Einer weitergehenden Substantiierung des Vortrages durch den Beklagten bedurfte es nicht.
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