13.06.2024

Zur Übermittlung eines elektronischen Dokuments

Der BGH hat sich vorliegend mit den nach § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO bestehenden Anforderungen an die Übermittlung eines elektronischen Dokuments befasst.

BGH v. 7.5.2024 - VI ZB 22/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall in Anspruch. Das LG wies die Klage teilweise ab. Die Entscheidung wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin, Rechtsanwalt L., am 8.11.2022 zugestellt. Am 24.11.2022 wurde ausgehend von dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) des Rechtsanwalts L. Berufung gegen das Urteil des LG beim OLG eingelegt. Diese wurde mit am 14.12.2022 wiederum vom beA des Rechtsanwalts L. aus versandtem Schriftsatz begründet. Beide Schriftsätze waren nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, sondern lediglich mit einer einfachen Signatur (maschinenschriftliche Namensangabe und grafische Wiedergabe der handschriftlichen Unterschrift) von Rechtsanwältin W. versehen, die nach den Angaben im Briefkopf angestellte Rechtsanwältin in der Kanzlei des Rechtsanwalts L. ist.

Das OLG verwarf die Berufung der Klägerin nach vorangegangenem Hinweis durch Beschluss als unzulässig, weil sie nicht form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden sei. Die innerhalb der Berufungsfrist elektronisch eingegangene Berufung sei nicht formwirksam eingelegt, da sie nicht den Anforderungen des § 130a ZPO entsprochen habe. Denn die Berufungsschrift sei weder qualifiziert elektronisch signiert noch von dem elektronischen Anwaltspostfach der verantwortenden Person versandt worden. Das gelte auch für die Berufungsbegründung vom 14.12.2022.

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die elektronische Einreichung der Berufungsschrift am 24.11.2022 nicht den Anforderungen des § 130a ZPO entsprach, so dass die Klägerin die am 8.12.2022 abgelaufene einmonatige Berufungsfrist versäumt hat.

Gem. § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Die Bestimmung stellt damit zwei Wege zur rechtswirksamen Übermittlung von elektronischen Dokumenten zur Verfügung. Zum einen kann der Rechtsanwalt den Schriftsatz mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Zum anderen kann er auch nur einfach signieren, muss den Schriftsatz aber sodann selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 130a Abs. 4 ZPO, etwa über ein beA nach den §§ 31a und 31b BRAO (§ 130 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO), einreichen.

Die einfache Signatur hat in dem zuletzt genannten Fall die Funktion zu dokumentieren, dass die durch den sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesene Person mit der die Verantwortung für das elektronische Dokument übernehmenden Person identisch ist; ist diese Identität nicht feststellbar, ist das Dokument nicht wirksam eingereicht. Nach einhelliger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein elektronisches Dokument, das - wie hier die Berufungsschrift - aus einem persönlich zugeordnetem beA (vgl. § 31a BRAO) versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt.

Nach diesen Grundsätzen ist die elektronisch übermittelte Berufungsschrift nicht formgerecht eingereicht worden. Rechtsanwältin W. hat das Dokument nicht mit einer qualifizierten, sondern nur mit einer einfachen elektronischen Signatur versehen. Dies genügte trotz der Übermittlung des Dokuments über ein beA den Anforderungen des § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO nicht, weil als Absender des Dokuments der Inhaber des beA - Rechtsanwalt L. - und nicht die ausweislich der einfachen Signatur das Dokument verantwortende Person - Rechtsanwältin W. - ausgewiesen war.

Allein aufgrund der Tatsache, dass das Dokument über das beA von Rechtsanwalt L. übermittelt wurde, kann nach der Regelungssystematik des § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht davon ausgegangen werden, dass er das Dokument nicht nur übermitteln, sondern auch die Verantwortung für seinen Inhalt übernehmen wollte, auch wenn er zur Vertretung der Klägerin berechtigt war. Von der auch bei einfacher Signatur durch einen anderen Rechtsanwalt bestehenden Möglichkeit, die Übernahme der Verantwortung für den Inhalt des über sein beA übermittelten elektronischen Dokuments durch Anbringung seiner eigenen elektronischen Signatur zum Ausdruck zu bringen, hat Rechtsanwalt L. keinen Gebrauch gemacht.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | ZPO
§ 130a Elektronisches Dokument; Verordnungsermächtigung
Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Aufl. 2024
10/2023

Beratermodul Zöller Zivilprozessrecht
Die perfekte Basisausstattung zum Zivilprozessrecht finden Praktiker in diesem Modul. Mit neuen Kommentierungen zu digitalen Themen und topaktuellen Annotationen zu Gesetzesänderungen und wichtiger neuer Rechtsprechung. Inklusive LAWLIFT Dokumentautomation Zivilprozessrecht. Nutzen Sie ausgewählte Dokumente zur Bearbeitung mit LAWLIFT. 4 Wochen gratis nutzen!
BGH online
Zurück