21.11.2023

Zur Untervermietung bei einer aus beruflichen Gründen genutzten Nebenwohnung

Es ist nicht erforderlich, dass die Wohnung auch nach der Untervermietung Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt. Die hiergegen gerichteten Erwägungen des Berufungsgerichts, der Gesetzgeber habe lediglich den Bestand eines einzigen Mietverhältnisses als schützenswert angesehen und einen derartig weiten Anwendungsbereich des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gewollt, finden in der Gesetzgebungsgeschichte keine Stütze und verkennen den Sinn und Zweck der Regelung.

BGH v. 27.9.2023 - VIII ZR 88/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit 2014 Mieter einer etwa 72 m² großen Dreizimmerwohnung der Beklagten in Berlin. Nachdem er zunächst allein in die Wohnung eingezogen war, bewohnte er die Wohnung später zusammen mit seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind. Nach der Geburt eines weiteren Kindes zog die Familie in eine gemietete Doppelhaushälfte, die von der Mietwohnung rund 17 km entfernt liegt.

Der Kläger beabsichtigte, die gemietete Wohnung in Berlin aus beruflichen Gründen weiter zu nutzen. Er sei Geschäftsführer einer zehn Gehminuten von der Mietwohnung entfernten Speditionsfirma, die auf Lateinamerika und den Mittleren Osten spezialisiert sei. Aufgrund der Zeitverschiebung von bis zu zehn Stunden beginne sein Arbeitstag häufig früh und ende erst nachts. Er nutze die Mietwohnung unterhalb der Arbeitswoche zum Ausruhen und übernachte dort zwei bis drei Mal wöchentlich, um sich die Fahrtzeit zwischen der Doppelhaushälfte und seiner Arbeitsstätte zu ersparen, die sich auf mind. 40 Minuten belaufe. Zudem habe er einen weiteren Sohn, der in Berlin lebe und den er regelmäßig treffe.

Erstmalig im Mai 2019 bat der Kläger die Beklagte um die Erlaubnis, zwei Zimmer der Wohnung ohne zeitliche Begrenzung an zwei namentlich genannte Personen unterzuvermieten. Die Beklagte erteilte ihm zunächst eine bis zum 30.6.2020 befristete Erlaubnis. Spätere Begehren des Klägers auf Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis lehnte die Beklagte ab.

Das AG hat der auf Zustimmung zur unbefristeten Untervermietung gerichteten Klage stattgegeben. Das LG hat die Klage im Berufungsverfahren abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Gründe:
Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft von einem zu engen Verständnis des Begriffs des berechtigten Interesses des Mieters i.S.d. § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgegangen und hat sich hierdurch zugleich den Blick auf die zur Ermittlung des berechtigten Interesses gebotene Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls versperrt.

Danach kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entsteht. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Wunsch des Mieters nach einer Verringerung der von ihm zu tragenden Mietaufwendungen grundsätzlich als berechtigtes Interesse i.S.d. Vorschrift des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB an der Untervermietung eines Teils der Wohnung anzuerkennen. Denn der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Norm erkennbar u.a. die Absicht verfolgt, dem Mieter eine Kostenentlastung durch eine Untervermietung zu ermöglichen. Zur Beurteilung der Frage, ob ein berechtigtes Interesse vorliegt, sind die tatsächlichen Umstände, auf denen der Wunsch des Mieters zur Aufnahme eines Dritten in die Wohnung beruht, unter Berücksichtigung des mieterschützenden Zwecks der Regelung des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB umfassend zu würdigen.

Diesen Maßstäben wurde die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Es hatte bereits im Ausgangspunkt verkannt, dass ein berechtigtes Interesse des Mieters i.S.d. § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht voraussetzt, dass dieses Interesse im Wesentlichen den fortdauernden Bestand seines Hauptwohnsitzes betreffen, hiermit in Zusammenhang stehen oder diesem im Gewicht gleichkommen müsse. Es ist nicht erforderlich, dass die Wohnung auch nach der Untervermietung Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt. Die hiergegen gerichteten Erwägungen des Berufungsgerichts, der Gesetzgeber habe lediglich den Bestand eines einzigen Mietverhältnisses als schützenswert angesehen und einen derartig weiten Anwendungsbereich des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gewollt, finden in der Gesetzgebungsgeschichte keine Stütze und verkennen den Sinn und Zweck der Regelung.

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