07.10.2014

Zur unzureichenden Beheizbarkeit eines alten Fachwerkhauses sowie zum Gewährleistungsausschluss

Verpflichtet sich ein Verkäufer im notariellen Grundstückskaufvertrag - trotz eines gleichzeitigen Gewährleistungsausschlusses -, "diejenigen erheblichen versteckten Mängel zu offenbaren, die ihm bekannt sind oder bekannt sein müssten", dann haftet er für einen Mangel des Hauses bereits dann, wenn er den Mangel vor dem Verkauf infolge Fahrlässigkeit nicht bemerkt hat. Bei einem gebrauchten Wohnhaus (hier: ein altes Fachwerkhaus) gehört zur "üblichen Beschaffenheit" insbesondere eine ausreichende Beheizbarkeit.

OLG Karlsruhe 18.6.2014, 9 U 184/10
Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Juli 2004 vom Beklagten mit notariellem Kaufvertrag ein Anwesen erworben. Das Grundstück ist mit einem (wahrscheinlich mehrere hundert Jahre alten) Fachwerkhaus bebaut, das im Laufe der Zeit mehrfach renoviert, saniert und umgebaut wurde. Das Haus ist in drei Wohnungen aufgeteilt, wobei die Dachgeschosswohnung über zwei Etagen reicht. Der Kaufpreis betrug 320.000 €. Außerdem verpflichtete sich der Beklagte - trotz eines gleichzeitigen Gewährleistungsausschlusses -, "diejenigen erheblichen versteckten Mängel zu offenbaren, die ihm bekannt sind oder bekannt sein müssten".

Mit seiner Klage vom 17.10.2007 machte der Kläger Schadensersatzansprüche i.H.v. 66.662 € geltend. Das Haus weise verschiedene schwerwiegende Mängel auf, die der Beklagte bei Vertragsabschluss hätte offenbaren müssen. Das LG wies die Klage ab. Es war der Ansicht, der Beklagte sei nur verpflichtet, für solche erheblichen Mängel zu haften, die er arglistig verschwiegen habe. Zwar habe sich nach der Beweisaufnahme ergeben, dass ein erheblicher Mangel vorhanden sei, da die Dachgeschosswohnung wegen der Undichtigkeit des Daches im Winter nicht ausreichend beheizt werden könne. Es lasse sich jedoch nicht feststellen, dass dem Beklagten dieser Mangel bekannt gewesen sei.

Auf die Berufung des Klägers hob das OLG die Entscheidung auf und gab der Klage teilweise statt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Gründe:
Der Kläger hat gegen den Beklagten wegen der Luftundichtigkeit des Daches gem. §§ 437 Ziff. 3, 281 Abs. 1 BGB einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 21.931 €.

Das Dach war nicht luftdicht. Der Beklagte hatte innerhalb der vorgerichtlich gesetzten Frist die Mängel nicht beseitigt, sondern vielmehr eine Verantwortlichkeit generell bestritten. Das Dachgeschoss des Hauses war bis zur Sanierung im Herbst 2011 im Winter nicht ordnungsgemäß beheizbar. Es wurden bei Kälte - jedenfalls bei Wind - Temperaturen von nicht mehr als 15 bis 16 Grad Celsius erzielt. Es war zudem nicht möglich, ein behagliches Raumklima zu erzeugen, da erhebliche Zugerscheinungen auftraten, die bei Wind besonders unangenehm werden. Ursache für diesen Mangel war der Umstand, dass im Dach erhebliche Luftundichtigkeiten bestanden.

Diese unzureichende Beheizbarkeit des Dachgeschosses stellte einen Fehler i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB dar. Das Dachgeschoss wies nicht die Beschaffenheit auf, die der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages erwarten konnte. Wer in Deutschland ein Wohngebäude erwirbt, erwartet grundsätzlich, dass im Winter eine Beheizung dergestalt möglich ist, dass sich ein normales Raumklima herstellen lässt. Dies bedeutet, dass im Winter auch bei starkem Frost und bei Wind mindestens 20 Grad Celsius in der Wohnung hergestellt werden können, und zwar ohne nennenswerte Zugerscheinungen. Maßgeblich sind gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB die üblichen Erwartungen eines Käufers, der ein Wohnhaus kauft; auf die Einhaltung bestimmter DIN-Normen kommt es hingegen nicht an.

Der Beklagte hatte seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag verletzt, den Mangel zu offenbaren. Wegen dieser Pflichtverletzung griff der vertragliche Gewährleistungsausschluss nicht ein. Es kam nicht darauf an, ob dem Beklagten selbst bewusst war, dass die Dachgeschosswohnung im Winter nicht ausreichend beheizbar war. Es reichte vielmehr aus, dass der Beklagte dies bei genügender Sorgfalt hätte erkennen können, und dass ihm bei genügender Sorgfalt hätte klar sein müssen, dass die Dachgeschosswohnung für einen Käufer nicht den üblichen Anforderungen an die Bewohnbarkeit entsprach. Der Beklagte hatte von August 2001 bis November 2004 selbst in der Dachgeschosswohnung gewohnt. Er hatte also drei Winter miterlebt. Der Mangel war für den Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages nicht erkennbar, denn es herrschten keine kalten Wintertemperaturen.

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