Zur Zustandsstörerhaftung eines Entsorgungsunternehmens für vermietete Abfallcontainer
BGH v. 26.3.2021 - V ZR 77/20
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem sich mehrere Lagerhallen befinden. Eine davon hatte sie an die Firma M. vermietet. Das Mietverhältnis wurde seitens der Klägerin mit einer fristlosen Kündigung beendet. Die Firma M. wurde zur Räumung verurteilt, anschließend fand die Zwangsräumung statt. Zuvor hatte sie die Beklagte, die ein Entsorgungsunternehmen betreibt, beauftragt, zwei Abfallcontainer auf dem Grundstück aufzustellen und die Container nach ihrer Befüllung mit Alt- und Abbruchholz zur Entsorgung abzuholen. Die Container wurden geliefert und von der Firma M. befüllt. Da sie die Rechnung der Beklagten nicht zahlte, holte diese die Container nicht ab.
Nachdem über das Vermögen der Firma M. das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, forderte die Klägerin die Beklagte auf, die gefüllten Container abzuholen. Diese teilte mit, dass sie zur Abholung der Container nur ohne den darin befindlichen Inhalt bereit sei.
Das AG hat die Beklagte zur Entfernung der Container ohne deren Inhalt verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG die Beklagte zur Abholung der Container samt Inhalt und zum Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Beseitigung auch des in den Containern befindlichen Abfalls zu.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass das Eigentum der Klägerin durch die auf ihrem Grundstück stehenden, mit Abfall befüllten Container rechtswidrig beeinträchtigt war. Zwar stellte die Aufstellung der Container durch die Beklagte auf dem Grundstück der Klägerin im Auftrag der Firma M. noch keine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung dar. Erlischt aber das Recht des Mieters zum Abstellen von Gegenständen, ist deren weiterer Verbleib auf dem Grundstück durch den Eigentümer nicht mehr zu dulden; ab diesem Zeitpunkt wird dessen Eigentum durch auf dem Grundstück abgestellte Gegenstände rechtswidrig beeinträchtigt. Und so verhielt es sich auch hier.
Diese rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung war der Beklagten zudem als Zustandsstörerin zuzurechnen. Denn Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zurechenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger BGH-Rechtsprechung vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden.
Daran gemessen war die Beklagte als Zustandsstörerin anzusehen. Der entscheidende Sachgrund für die Zurechnung bestand darin, dass die Beklagte die Abfallcontainer nicht nur angeliefert hatte, sondern sie zugleich gegenüber der Firma M. die Verpflichtung eingegangen war, sie nach erfolgter Befüllung mit Abfall wieder abzuholen und den Abfall zu entsorgen. Der Zweck der aufgestellten Container bestand damit gerade in deren Befüllung mit Abfall und deren anschließendem Abtransport durch die Beklagte. Unerheblich ist, dass sie die Container in der Erwartung aufgestellt hatte, die Firma M. werde ihrer vertraglich vereinbarten Vergütungspflicht nachkommen, und sich diese Erwartung aufgrund der Insolvenz ihrer Vertragspartnerin nicht erfüllt hat. Die nichterfüllten Vergütungsansprüche der Beklagten gegenüber ihrer Vertragspartnerin lassen den Sachgrund für die Zurechnung der gegenwärtigen Eigentumsbeeinträchtigung zu dem Verantwortungsbereich der Beklagten nicht entfallen.
BGH online
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem sich mehrere Lagerhallen befinden. Eine davon hatte sie an die Firma M. vermietet. Das Mietverhältnis wurde seitens der Klägerin mit einer fristlosen Kündigung beendet. Die Firma M. wurde zur Räumung verurteilt, anschließend fand die Zwangsräumung statt. Zuvor hatte sie die Beklagte, die ein Entsorgungsunternehmen betreibt, beauftragt, zwei Abfallcontainer auf dem Grundstück aufzustellen und die Container nach ihrer Befüllung mit Alt- und Abbruchholz zur Entsorgung abzuholen. Die Container wurden geliefert und von der Firma M. befüllt. Da sie die Rechnung der Beklagten nicht zahlte, holte diese die Container nicht ab.
Nachdem über das Vermögen der Firma M. das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, forderte die Klägerin die Beklagte auf, die gefüllten Container abzuholen. Diese teilte mit, dass sie zur Abholung der Container nur ohne den darin befindlichen Inhalt bereit sei.
Das AG hat die Beklagte zur Entfernung der Container ohne deren Inhalt verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG die Beklagte zur Abholung der Container samt Inhalt und zum Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Beseitigung auch des in den Containern befindlichen Abfalls zu.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass das Eigentum der Klägerin durch die auf ihrem Grundstück stehenden, mit Abfall befüllten Container rechtswidrig beeinträchtigt war. Zwar stellte die Aufstellung der Container durch die Beklagte auf dem Grundstück der Klägerin im Auftrag der Firma M. noch keine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung dar. Erlischt aber das Recht des Mieters zum Abstellen von Gegenständen, ist deren weiterer Verbleib auf dem Grundstück durch den Eigentümer nicht mehr zu dulden; ab diesem Zeitpunkt wird dessen Eigentum durch auf dem Grundstück abgestellte Gegenstände rechtswidrig beeinträchtigt. Und so verhielt es sich auch hier.
Diese rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung war der Beklagten zudem als Zustandsstörerin zuzurechnen. Denn Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zurechenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger BGH-Rechtsprechung vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden.
Daran gemessen war die Beklagte als Zustandsstörerin anzusehen. Der entscheidende Sachgrund für die Zurechnung bestand darin, dass die Beklagte die Abfallcontainer nicht nur angeliefert hatte, sondern sie zugleich gegenüber der Firma M. die Verpflichtung eingegangen war, sie nach erfolgter Befüllung mit Abfall wieder abzuholen und den Abfall zu entsorgen. Der Zweck der aufgestellten Container bestand damit gerade in deren Befüllung mit Abfall und deren anschließendem Abtransport durch die Beklagte. Unerheblich ist, dass sie die Container in der Erwartung aufgestellt hatte, die Firma M. werde ihrer vertraglich vereinbarten Vergütungspflicht nachkommen, und sich diese Erwartung aufgrund der Insolvenz ihrer Vertragspartnerin nicht erfüllt hat. Die nichterfüllten Vergütungsansprüche der Beklagten gegenüber ihrer Vertragspartnerin lassen den Sachgrund für die Zurechnung der gegenwärtigen Eigentumsbeeinträchtigung zu dem Verantwortungsbereich der Beklagten nicht entfallen.