Zwangsweise Durchsetzung des Umgangs eines Elternteils mit seinem Kind dient regelmäßig nicht dem Kindeswohl
OLG Hamm 25.7.2017, 6 WF 179/17Die Kindeseltern schlossen im Juli 2013 vor dem AG eine Umgangsvereinbarung für ihren Sohn. Danach sollte der Kindesvater den Umgang mit seinem Sohn wöchentlich an einzelnen Tagen ausüben. Aufgrund der nicht unterschriebenen Eingabe des Kindesvaters, leitete das AG ein neues Umgangsverfahren ein. Es wurde erneut eine Umgangsvereinbarung geschlossen, wonach der Kindesvater ab dem 21.7.2017 zunächst 14-täglich samstags und ab dem 14.4.2017 14-täglich samstags und sonntags mit Übernachtung Umgang mit dem Sohn haben sollte.
Da der Kindesvater den Umgang für den 21.1.2017 kurzfristig unbegründet absagte, beantragte die Kindesmutter die Festsetzung eines angemessenen Ordnungsgelds. Das AG entsprach dem Antrag aufgrund fehlender vorheriger Androhung von Ordnungsmitteln nicht, drohte aber für den Fall der Zuwiderhandlung den Beteiligten Ordnungsgeld bis zu 25.000 € oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten an. Der Kindesvater teilte dem AG mit, dass er den Umgang mit seinem Sohn schweren Herzens eingestellt habe, da aufgrund der problematischen Situation der Kindeseltern kein entspannter Umgang möglich sei.
Da der Kindesvater in der Folgezeit drei vereinbarte Umgangstermine nicht wahrnahm, setzte das AG durch zwei Beschlüsse ein Ordnungsgeld i.H.v. jeweils 200 €, ersatzweise für jeweils 100 € ein Tag Ordnungshaft, fest. Der Kindesvater legte sofortige Beschwerde ein. Durch einen erlassenen Nichtabhilfebeschluss setzte das AG ein weiteres Ordnungsgeld in derselben Höhe fest, weil der Kindesvater einen weiteren Termin nicht wahrgenommen hatte. Der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Kindesvaters half das AG durch Beschluss nicht ab und legte das Verfahren dem OLG vor. Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg.
Die Gründe:
Das AG hat ermessensfehlerhaft nach § 89 Abs. 1 FamFG ein Ordnungsgeld wegen der Nichtausübung des Umgangs angeordnet.
Nach § 89 Abs. 1 FamFG kann das Gericht zwar bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten die dort näher bezeichneten Ordnungsmittel anordnen. Die Vorschrift ist jedoch als eine Kann-Vorschrift ausgestaltet und trägt als Ersatz für die frühere Soll-Vorschrift in § 33 FGG der Bundesverfassungsgerichtsrechtsprechung Rechnung. Nach dieser Rechtsprechung kann die Umgangspflicht eines Elternteils gegen dessen Willen nur ausnahmsweise dann vollstreckt werden, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der erzwungene Umgang dem Kindeswohl dient und nicht schadet.
Das § 1684 Abs. 1 BGB nicht nur ein Umgangsrecht vorsieht, sondern auch eine Umgangspflicht, wenn dies dem Kindeswohl dient, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die zwangsweise Durchsetzung des Umgangs gegen den Willen eines Elternteils wird jedoch regelmäßig nicht dazu geeignet sein, den Zweck des Umgangs, den Beitrag einer gedeihlichen Persönlichkeitsentwicklung des Kindes, zu erreichen. Bei einem erzwungenen Umgang gegen den Willen und die Gefühle, wird das Kind anstelle der Zuneigung die Ablehnung erfahren.
Daher liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Vollstreckung der Umgangspflicht gegen den Willen des Kindesvaters nicht vor. Gründe dafür, dass die Erzwingung ausnahmsweise dem Kindeswohl dient, sind nicht ersichtlich. Zwar erlebte der Sohn den Kontakt mit seinem Vater in der Vergangenheit als positiv. Allerdings war dies zu einer Zeit als dieser noch aktiv den Umgang pflegte und einforderte. Seither hat sich die Ablehnung und Problematik gesteigert. Zudem gibt es momentan keine Anhaltspunkte dafür, dass der Sohn seinen Vater vermisst. Die Kindesmutter ist mittlerweile auch gegen eine zwangsweise Durchsetzung, um eine Verunsicherung des Kindes durch die mitunter kurzfristigen Absagen des Kindesvaters zu vermeiden.
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